Alvaro Bautista: «Maschine wichtiger als das Können»
Alvaro Bautista geht bestens gelaunt ans Werk
2022 wurde Alvaro Bautista erstmals Superbike-Champion, in diesem Jahr hat er seinen Titel erfolgreich verteidigt. Ducati belohnt den am 21. November 39-Jährigen dafür mit einem MotoGP-Wildcard-Einsatz an diesem Wochenende auf dem Sepang International Circuit in Malaysia, direkt neben dem Flughafen Kuala Lumpur.
Zahlreiche Experten trauen dem Leichtgewicht in der Hitze Südostasiens viel zu, Bautista hingegen bremst die Hoffnungen. «Ich versuche lediglich, Spaß zu haben», betont er. «In einem Test kannst du dir Schritt für Schritt eine Basis erarbeiten, an einem Rennwochenende ist es wichtig, so schnell wie möglich ein gutes Gefühl für das Motorrad zu haben. Deshalb habe ich bezüglich der Resultate keine Erwartungen.»
Der zehn Monate jüngere Dani Pedrosa hat die Messlatte hochgelegt: Der KTM-Testfahrer war bei den Rennen in Jerez auf die Plätze 6 und 7 gebraust, in Misano brillierte er sogar mit zwei vierten Rängen.
«Das erhöht den Druck auf mich», schmunzelte Bautista am Donnerstag in kleiner Journalistenrunde in Sepang. «Alle sagen, wenn Dani das kann… Wir sind aber in unterschiedlichen Situationen. Dani ist auf der KTM schon sehr viele Kilometer gefahren und war in Misano schnell. Ihm fehlt es nur an Rennpraxis, sonst könnte er noch besser sein. Bei mir ist es andersherum: Ich habe diese Praxis und die nötige Rennpace, aber mir fehlt es an Erfahrung mit diesem Motorrad. Es war schön, Dani um diese Positionen kämpfen zu sehen. Für mich war das nicht gut, weil nun von mir vielleicht das Gleiche erwartet wird.»
Und dann wäre da noch Troy Bayliss, der als Superbike-Weltmeister 2006 den Valencia-GP mit Wildcard gewann.
«Damals gab es noch keine Einheitsreifen, ich halte es für unmöglich, so eine Leistung zu wiederholen», hielt Bautista fest. «Heute ist auch die Leistungsdichte höher. Selbst wenn du mit den Rundenzeiten nahe dran bist, liegst du womöglich in der Platzierung weiter hinten. 20 Fahrer sind innerhalb einer Sekunde. Wenn du 7/10 sec hinter dem Ersten liegst, dann ist das zeitlich gesprochen gut, bezüglich der Position aber womöglich sehr schlecht. Deshalb lasse ich die Platzierung außen vor und schaue nur auf meine Leistung.»
Bautista hatte als Vorbereitung zwei MotoGP-Tests in Misano, einen im Juli und einen Ende August. Ein drittes Mal durfte er für den verletzten Testfahrer Michele Pirro einspringen. «Das war aber kein Test für mich, sondern es ging um neue Teile für 2024», verdeutlichte der Spanier. «Durch die Aerodynamik und die ganzen Fahrhilfen sind die Motorräder heute ganz anders als bei meinem letzten Rennen 2018. Meinem Gefühl nach hat der Fahrer heute weniger Kontrolle über das Bike, es kommt mehr auf die Abstimmung, die Elektronik und Aerodynamik an. Der Fahrer hängt heute mehr von seiner Maschine als von seinem Können ab. Für die Piloten mag das nicht gut sein, aber ich verstehe die Werke, dass sie die bestmöglichen Motorräder haben wollen und viel entwickeln. Ich bin nicht glücklich über die ganzen Fahrhilfen, ich bevorzuge es, mit dem Gasgriff oder meiner Körperhaltung den Unterschied auszumachen.»
Nicht zu vernachlässigen ist der Faktor Reifen: In der Superbike-WM fährt Bautista seit 2019 mit Pirelli, während in der MotoGP Michelin zum Einsatz kommen. Der 59-fache SBK-Laufsieger sagt, das Limit lasse sich mit den Pirelli besser fühlen, der Michelin verfüge hingegen über größere Stabilität.
Eine Besonderheit sehen wir in Bautistas Box in Sepang auch: Er wird mit zwei Crew-Chiefs arbeiten. «Marco Palmerini ist der Crew-Chief des Testteams, mein Crew-Chief Giulio Nava ist aber auch hier», erklärte das Ducati-Ass. «Palmerini kennt das Motorrad sehr gut und Nava mich. Wir bringen dieses Wissen zusammen und holen so hoffentlich das Maximum heraus.»