Miguel Oliveira: MotoGP-Pilot in Zahnarztausbildung
Vor dem GP von Silverstone sprach Pramac-Yamaha-Pilot Miguel Oliveira im SPEEDWEEK.com-Interview über seinen Fahrstil, seine Karriere-Anfänge und seine zweite Karriere – als vermutlich schnellster Zahnarzt der Welt.
Herr Oliveira, im Fahrerlager sagen einige, Ihr Fahrstil sei speziell. Stimmen Sie zu? Und wie würden Sie Ihren eigenen Fahrstil beschreiben?
Ich denke, wir sind alle auf irgendeine Weise besonders. Motorrad fahren ist im Grunde etwas, das wir tun, ohne darüber nachzudenken, aber dann gibt es einige Dinge, die man auf dem Motorrad spürt. Dieses Gefühl muss man in Worte fassen und dann kommunizieren, und die andere Seite versucht, die Informationen richtig zu verarbeiten, damit man genau das bekommt, was man braucht. Ich denke, das mache ich ziemlich gut. Was den Fahrstil angeht, ist meine Schwäche sicherlich das Bremsen, insbesondere auf diesem Motorrad, aber ansonsten bin ich recht gut. Aber das ist alles sehr natürlich.
Hat jeder Fahrer einen einzigartigen Stil wie eine Handschrift?
Ja, man sieht an den Daten, wie sie anbremsen, wie sie die Hinterradbremse einsetzen, wie sie den Winkel und die Schräglage kontrollieren.
Sie sind nicht nur MotoGP-Fahrer, sondern auch Zahnarzt…
Fast, ja. Noch drei Jahre…
Wie ist der Stand Ihrer Ausbildung?
Es sind noch drei Jahre, aber es sind schon länger drei Jahre. Es ist schwierig, wieder zum Zahnmedizinstudium zurückzukehren, denn wenn man einmal den Rhythmus des Studiums und das Zusammensein mit den Kommilitonen verloren hat. Auch ist mittlerweile der Altersunterschied zu den 18-, 19-Jährigen im Hörsaal für mich fast ein wenig beängstigend (lacht). Ich werde die Zukunft entscheiden lassen. Wenn ich den Kurs abschließen kann, dann ist das gut.
Was fehlt noch, damit Sie den Kurs abschließen?
Ich müsste drei Jahre lang alles andere in meinem Leben vergessen und mich nur auf das Studium konzentrieren. Das ist vielleicht gerade etwas unrealistisch, aber wir werden sehen.
Sie sind also nicht examiniert, aber können bereits im Ernstfall helfen…
Genau. Ich habe auch schon hier an der Strecke ein paar Leuten geholfen, bei Infektionen oder solchen Dingen, bei denen man etwas absaugen oder mit einem kleinen Bohrer arbeiten muss mit den Werkzeugen, die man hier vor Ort hat.
Hilft Ihnen Ihr medizinisches Wissen über den menschlichen Körper, das Sie aus Ihrem zweiten Beruf mitbringen, auch dabei, zu verstehen, wie Ihr Körper mit einer Verletzung umgeht zum Beispiel?
Ich habe ein anderes Verständnis, weil die ersten zwei Jahre meiner Ausbildung genau so waren, wie es ein normaler Arzt machen würde. Ich habe also Anatomie studiert, und in Anatomie muss man Knochen, Muskeln und Nerven lernen, wo sie sich befinden und was sie tun. Man bekommt ein anderes Verständnis, weil man, wenn man mit einem Arzt spricht, schon ungefähr weiß, was los ist. Aber das ist auch schon alles, es verschafft mir keinen wirklichen Vorteil. Wenn ich mit meinem Arzt spreche, wissen möchte ich bestimmte Dinge wissen, weil ich mehr oder weniger weiß, was los ist. Und ich bin ein guter Patient. Er sagt mir, ich soll etwas tun, und ich tue es genauso.
Ist der Zahnarzt-Beruf Ihr Karriere-Plan-C, wenn es ganz aus dem Motorsport rausgeht?
Vielleicht ist es nicht einmal ein Plan. Aber wir werden sehen…
Wenn Sie zurückdenken, woher wussten Sie schon in jungen Jahren, dass Sie MotoGP-Fahrer werden wollten?
Ich habe ferngesehen und da war dieser Italiener namens Rossi, der jedes Rennen gewann. Und ich dachte: Wow, das ist cool. Und mein Vater war ein Motorradfan und nahm mich zu allen Motorradtreffen mit. Er war auch selbst Amateurfahrer. Also bin ich mit ihm gegangen, und mein Interesse für Motorräder wuchs, bis ich in ein Alter kam, in dem ich sagte, ich möchte es versuchen. Also habe ich es mit dem Motorradfahren probiert und es hat mir gefallen. Und so begann meine Leidenschaft. Als ich mit 16 zum ersten Mal bei der Weltmeisterschaft war, dachte ich mir, dass es jetzt vielleicht kein Zurück mehr gibt. Also wollte ich das richtig machen und mich voll und ganz dafür einsetzen. Das war der Zeitpunkt, an dem man wirklich den Sprung vom Semi-Profi zum Profi schafft – und dann ist man hier.
WM-Stand nach 14 von 44 Rennen:
1. M. Marquez, 196 Punkte. 2. A. Marquez 172. 3. Bagnaia 124. 4. Morbidelli 98. 5. Zarco 97. 6. Di Giannantonio 88. 7. Bezzecchi 69. 8. Quartararo 59. 9. Acosta 58. 10. Aldeguer 56. 11. Vinales 45. 12. Ogura 43. 13. Marini 38. 14. Binder 34. 15. Bastianini 31. 16. Miller 29. 17. Rins 26. 18. Fernandez 19. 19. Mir 18. 20. Nakagami 10. 21. Savadori 8. 22. A. Fernandez 3. 23. Oliveira 2. 24. Chantra 0. 25. A. Espargaro 0. 26. Martin 0.
Konstrukteurs-WM:
1. Ducati, 245 Punkte. 2. Honda 110. 3. Aprilia 93 4. KTM 88. 5. Yamaha 84.
Team-WM:
1. Ducati Lenovo Team, 320 Punkte. 2. BK8 Gresini Racing 228. 3. Pertamina Enduro VR46 Racing 186. 4. LCR Honda 97. 5. Red Bull KTM Factory Racing 92. 6. Monster Energy Yamaha 85. 7. Aprilia Racing 77. 8. Red Bull KTM Tech3 Racing 76. 9. Trackhouse MotoGP Team 62. 10. Honda HRC Castrol Team 56. 11. Prima Pramac Yamaha Racing 34.