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MotoGP und China: Eine unvollendete Geschichte?

Von Toni Schmidt
Chow Ho-Wan startete 2008 für das Zongshen Team of China in der 250er-Klasse

Chow Ho-Wan startete 2008 für das Zongshen Team of China in der 250er-Klasse

Supermacht, doch im Motorradsport ein Zwerg? Rund 1,4 Milliarden Chinesen, boomende Wirtschaft – aber wo sind die MotoGP-Sars? SPEEDWEEK.com beleuchtet den Mangel an Talenten und die zaghaften Schritte der Hersteller.

China, eines der größten Länder der Welt und eine Supermacht, die bei Olympischen Sommerspielen stets an der Spitze des Medaillenspiegels steht. Doch im Motorradsport scheint es düster auszusehen. Stimmt dieses Bild? Und welche Rolle spielt das Reich der Mitte wirklich in der globalen Racing-Szene?

Hand aufs Herz: Fällt Ihnen auf Anhieb ein chinesischer Pilot ein, der in jüngerer Zeit in der Motorrad- oder Superbike-WM unterwegs war? Auch der Autor musste zuerst etwas recherchieren, um darauf eine Antwort zu geben. In der Supersport-WM 300 versuchten sich mit dem Einstieg des chinesischen Herstellers Kove im Jahr 2023 zunächst Shengjunjie Zhou und Junhao Zhan. Ihre Auftritte auf der Kove 321RR blieben in den ersten Rennen erfolglos. Erst als man den ehemaligen SSP300-Weltmeister Marc Garcia verpflichtete, offenbarte sich das Potenzial der chinesischen Marke, in die Top-10 zu fahren.

Noch weiter zurück müssen wir in der GP-Szene blicken. Chow Ho-Wan startete 2008 für das Zongshen Team of China. Dazu gesellten sich einige Wildcard-Piloten, die ihm Rahmen der Shanghai-GPs von 2005 bis 2008 an den Start gingen. Vergeblich sucht man hier Ansätze, dass die chinesischen Piloten auch nur den Hauch einer Chance auf Konkurrenzfähigkeit gehabt hätten. Sie traten beispielsweise in der 250ccm-Klasse mit betagten Yamaha TZ 250 oder später geleasten Aprilia an. Dementsprechend fanden sich Wang, Ho-Wan, Jian und Co. stets am Ende des jeweiligen Feldes. Selbst Loncin, ein chinesischer Hersteller, der Ende der 2000er-Jahre mit erfahrenen GP-Piloten wie Alexis Masbou versuchte, Fuß zu fassen, scheiterte gnadenlos. Entweder fehlte die Motorleistung, oder die Maschinen gingen während der Wochenenden mehrfach kaputt.

Das heutige Engagement chinesischer Marken wirkt ausgereifter. In der Moto3 startet CFMoto als «verkappte» KTM. In der Moto2 kehrte QJ Motor als Sponsor für das erfolgreiche MSI-Team zurück. Mit eigener Technik ist man seit drei Jahren in der seriennahen Meisterschaft unterwegs. Auch wenn Kove sein Werksteam kurz vor Saisonstart zurückgezogen hat, fährt Benat Fernandez die Kove 321RR weiter und das recht erfolgreich als Dritter nach drei Rennwochenenden in der SSP300-WM. Eine Klasse höher, in der Supersport-WM, entwickelt der Routinier Raffaele de Rosa die QJMotor SRK 800 RR weiter und holte zuletzt in Most den ersten WM-Punkt für den Hersteller – ein historischer Erfolg.

Zumindest die Hersteller engagieren sich und zeigen Präsenz. Immer mehr chinesische Marken halten Einzug, auch in den europäischen Markt. Die angebotene Produktpalette wächst stetig, ohne dass man, wie noch vor einigen Jahren, primär kopieren musste.

Doch wo sind sie nun? Die chinesischen Piloten? Bei 1,4 Milliarden Menschen muss es doch einen Fahrer des Kalibers eines Marc Marquez geben. Die Antwort ist ernüchternd: Man wird vergeblich suchen.

Die Chinesische Superbike-Meisterschaft (CSBK), die in der Vergangenheit als Nährboden dienen sollte, wurde während der Corona-Pandemie pausiert und nahm ihren Betrieb erst 2022 wieder auf. Sie ist jedoch primär eine nationale Serie, ohne die nötige internationale Strahlkraft und Infrastruktur, um Talente auf WM-Niveau zu entwickeln.

Ein Blick auf die Asia Road Racing Championchip (ARRC), die größte Asiatische Meisterschaft, zeigt ebenfalls nur wenige chinesische Starter in den unteren Kategorien wie in der Supersport und Asia Production 250. Auch dort gilt: Die chinesischen Piloten finden sich meist am Ende des Feldes wieder. WM-taugliches Material und die entsprechende Förderung sind auch dort Mangelware.

Dann gibt es noch den Asia Talent Cup (ATC), der unter anderem Ai Ogura und Taiyo Furusato hervorbrachte. Der Cup soll Talente aus Asien sichten und fördern. Hier gibt es eine faustdicke Überraschung: Mit der 14-jährigen Chen Shiyu fährt eine junge Frau mit, die einzige weibliche Starterin der Nachwuchsserie. In Buriram gelang ihr im ersten Rennen ein Punkt, ein kleines Ausrufezeichen. Sonst: Flaute.

So schnell wird es für die südeuropäischen Piloten keine ernstzunehmende Konkurrenz aus der Volksrepublik geben. Der Weg an die Spitze des Motorradsports ist lang und teuer, führt über die südeuropäischen Meisterschaften. Der Kulturunterschied ist groß und schreckt potentielle Talente ab, die dann lieber in der Heimat bleiben. Die niedrigen Zuschauerzahlen 2005 bis 2008 in Shanghai waren der Grund, weshalb der MotoGP-Tross nicht mehr nach China zurückkehrte. Zumindest die Superbike-WM könnte demnächst einen Halt in China machen und das Interesse der Zuschauer ausloten. So können auch potenzielle weitere Hersteller aus China für die seriennahe Meisterschaft (wieder-)gewonnen werden.

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