MotoGP: Toprak Razgatlioglu 2026 mit Yamaha!

BMW ohne Toprak: Der schlimmste Fall wird Realität

Von Ivo Schützbach
Vor diesem Moment haben sich die BMW-Verantwortlichen in der Superbike-WM seit Monaten gefürchtet: Toprak Razgatlioglu hat seine sportliche Zukunft festgezurrt – und geht in die MotoGP.

Im Vorjahr spielte Toprak Razgatlioglu mit dem Gedanken, schon 2025 in die MotoGP zu wechseln. BMW-Geschäftsführer Markus Flasch und Motorsport-Direktor Sven Blusch machten dem Türken und seinem Manager Kenan Sofuoglu damals eindringlich klar, dass dies nicht in Frage komme, sie pochten auf ihren Zwei-Jahres-Vertrag bis Ende 2025.

Die Verantwortlichen bei BMW haben mit der Ankunft Topraks innerhalb kürzester Zeit realisiert, wie außergewöhnlich sein Können ist – er war das fehlende Puzzleteil zum Erfolg.

BMW hat seit der werksseitigen Rückkehr in die Superbike-WM 2019 große Anstrengungen unternommen, um nach vorne zu kommen. Die entscheidenden Schritte wurden 2023 eingeleitet. Christian Gonschor saß im Büro von Dr. Schramm und schilderte, wie der Weg zum Erfolg seiner Meinung nach aussehen muss. Der damalige Chef von BMW Motorrad sprach ihm das Vertrauen aus und machte den gebürtigen Bochumer zum Technischen Direktor.

Gonschor installierte ein Testteam mit erfahrenen, schnellen und kompetenten Piloten wie Sylvain Guintoli, Bradley Smith und Markus Reiterberger. Er sorgte dafür, dass sämtliche Informationen vom Rennteam ins Testteam und in die Entwicklungsabteilung fließen – und wieder zurück.

Und der damalige Motorsport-Direktor Marc Bongers verpflichtete im Mai 2023 Razgatlioglu für 2024 und 2025, womit ihm der größte Coup in seiner Managerkarriere gelang.

Der Rest ist bekannt: Razgatlioglu wurde in seiner ersten Saison mit BMW auf Anhieb Weltmeister und stand in 30 Rennen 27 Mal auf dem Podium. Er gewann 13 Läufe in Folge und 18 insgesamt; obwohl er sechs Rennen verletzungsbedingt verpasste, hatte «El Turco» am Ende 43 Punkte mehr auf dem Konto als Vizeweltmeister Nicolo Bulega (Ducati).

Nach jahrelanger Erfolglosigkeit bekam BMW für 2024 gewisse technische Zugeständnisse zugesprochen, die Bayern entschieden sich für Modifikationen am Chassis, die laut Reglement sonst nicht erlaubt sind. Mit durchschlagendem Erfolg, wie die Leistungen von Toprak zeigen.

Auch der zweite BMW-Pilot Michael van der Mark empfand die Chassis-Änderung als großen Fortschritt und wurde WM-Sechster. Ein Sieg und ein dritter Platz waren die Ausbeute des Niederländers, der trotz sechs Rennen mehr aber nicht einmal halb so viele Punkte holte wie Razgatlioglu.

Dass mich niemand falsch versteht: Van der Mark ist ein ausgezeichneter Rennfahrer. Er war Supersport-Weltmeister, wurde 2018 Dritter in der Superbike-WM und beendete sie siebenmal in den Top-6. Der 32-Jährige preschte für Honda, Yamaha und BMW insgesamt 42 Mal aufs Podium und holte für BMW zwei und für Yamaha vier Siege.

Aber Razgatlioglu ist außergewöhnlich talentiert, van der Mark steht in seinem Schatten.

Besonders deutlich sieht man das diese Saison. Nach dem Titelgewinn wurde das technische Reglement dahingehend geändert, dass BMW sein Super-Concession-Chassis nicht mehr einsetzen darf. Während Toprak diesen Nachteil zumindest teilweise kompensieren kann und in den bislang 15 Rennen elfmal aufs Podium fuhr und sechsmal gewann, schaut es bei van der Mark düster aus: Zwei fünfte Plätze sind seine Bestleistungen. Mit 56 Punkten ist er lediglich WM-14., während Toprak mit 221 Zählern auf Gesamtrang 2 liegt.

Schlaflose Nächte

Beim dritten Event des Jahres, Mitte April in Assen, offenbarte Razgatlioglu, dass er 2026 MotoGP fahren möchte. Spätestens seit diesem Wochenende dürfte Rennsport-Chef Sven Blusch kaum noch ruhig geschlafen haben.

Die Wahrheit ist, dass es BMW in der Superbike-WM 2024 ohne Razgatlioglu in der Gesamtwertung nicht in die Top-5 geschafft und nur in Einzelfällen mit Podestplätzen überzeugt hätte. Dieses Jahr ist die Lage noch dramatischer.

Der Toprak-Faktor ist also sehr hoch.

Wie SPEEDWEEK.com berichtete, erfüllt sich Toprak Razgatlioglu 2026 den länger gehegten Wunsch und wechselt in die MotoGP. Yamaha-MotoGP-Rennchef Paolo Pavesio ist extra in die Türkei geflogen, um den Vertrag mit dem zweifachen Superbike-Champion festzuzurren, der 2026 im Pramac-Team eine Werks-M1 pilotieren wird. Verlautbart wird der Deal nach heutigem Stand im Rahmen des Mugello-GP am Wochenende 20.–22. Juni während des Heimrennens von Pramac Racing.

BMW unternahm alles, um Razgatlioglu zum Bleiben zu bewegen. Doch eines können sie dem 28-Jährigen nicht bieten: Einen Platz in der MotoGP.

Jetzt muss sich Motorsport-Direktor Blusch die Frage stellen, wie er einen so herausragenden Fahrer ersetzen kann.

In den Top-10 der Weltmeisterschaft sind nur fünf Fahrer unter 30 Jahre alt, Toprak mitgezählt. Von diesen sind Nicolo Bulega, Axel Bassani und Andrea Locatelli nicht verfügbar und Xavi Vierge drängt sich nicht als neue Nummer 1 bei BMW auf.

Alvaro Bautista, Danilo Petrucci, Andrea Iannone und Sam Lowes befinden sich im Herbst ihrer Karriere, ebenso der rekonvaleszente Rekordchampion Jonathan Rea.

Blusch wird einen Blick ins MotoGP-Paddock werfen und schauen, wer dort bei den Vertragsverhandlungen für 2026 auf der Strecke bleibt.

Luca Marini, Franco Morbidelli, Jack Miller, Johann Zarco, Somkiat Chantra, Miguel Oliveira und Raul Fernandez haben noch kein Team für 2026.

Doch Chantra und Zarco werden mit Honda weitermachen, Oliveira oder Miller bleibt bei Pramac Yamaha und wird Teamkollege von Razgatlioglu. Morbidelli ist derzeit WM-Vierter, so jemand findet einen Job in der MotoGP.

Am Ende werden kaum aktuelle MotoGP-Fahrer übrigbleiben, die in die Superbike-WM wechseln wollen. Erschwerend kommt für BMW hinzu, dass Konkurrent Honda auf die gleichen Piloten ein Auge hat.

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