Raúl Fernández (Aprilia): «Motiviert wie noch nie»
Zwei Punkte in Argentinien, wo er kurioserweise vor den gestürzten und wieder aufgesprungenen Stars Pecco Pagnaia, Aleix Espargaró und Brad Binder ins Ziel kam, waren die Ausbeute von Raúl Fernández in den ersten drei Events der neuen MotoGP-Saison.
Das war mehr als im letzten Jahr, als die Durststrecke bis zum neunten Rennen in Barcelona andauerte, bis der MotoGP-Rookie auf der Red Bull KTM des französischen Tech3-Teams endlich seinen ersten WM-Punkt feiern konnte.
Doch es war auch weniger, als mit seiner neuen Maschine möglich gewesen wäre. Beim Austin-Grand Prix war Fernández einer von neun Ausfällen – allerdings nicht wegen eines Sturzes auf dem rutschigen COTA-Asphalt, sondern weil das Rear Ride Height Device seiner Aprilia, das die Hinterradfederung der MotoGP-Maschinen auf langen Geraden komprimiert, den Geist aufgegeben hat.
«Ich hatte einen guten Start. Als ich mich auf der ersten Runde plötzlich an 13. Stelle wiederfand, habe ich mir immer wieder selbst gesagt: ‚Alles wird gut, alles wird gut, ich kann das‘ – nur, um nicht allzu nervös zu werden. Es war der Tag, an dem ich mich mit dem Bike so wohl fühlte wie noch nie», schilderte der 22-jährige Pilot des CryptoData RNF Aprilia-Teams. «Binnen zwei Runden war ich hinter Maverick Viñales, Miguel Oliveira und Johann Zarco. Doch dann hatte ich ein mechanisches Problem. Ich habe versucht, es an Ort und Stelle auf dem Motorrad zu beheben, doch es gab keine Lösung. Deshalb musste ich aufgeben.»
Er wisse nicht, was genau das Problem gewesen sei, oder könne es zumindest nicht sagen, fügte der Moto2-Vizeweltmeister von 2021 hinzu, obwohl Probleme mit dieser Technologie bei Aprilia keineswegs selten sind – auch Werkspilot Aleix Espargaró schrieb seinen frühen Sturz im Rennen seine Ride Height Device zu, das vor der entsprechenden Kurve feststeckte, statt die Federung rechtzeitig freizugeben.
Wichtiger war, dass Fernández hier und dort, in ein paar kostbaren Momenten des Rennens das Gefühl gehabt hatte, mitfahren und den Berg an Problemen, den die MotoGP-Klasse vor ihm aufgetürmt hatte, endlich bezwingen zu können. «Ich war nah an den anderen dran. Dann machte ich einen Fehler, verlor zwei, der Zehntel, doch zwei Kurven später war ich wieder bei der Musik», schilderte Fernández. «Ich dachte: ‚So, jetzt beginnst du also wirklich, das Bike zu verstehen.‘ Doch das Problem ist, dass wir ein paar anständige Resultate brauchen und ein Rennen in einer guten Position beenden müssen. Denn im Moment behaupten alle Fahrer in dieser Klasse, dass sie es schaffen werden.»
Raúl Fernández: Jetzt nicht mehr in der Opferrolle
Anders als im letzten Jahr im KTM-Tech3-Team, in dem er sich in eine Opferrolle zurückgezogen hatte und die Schuld an dem Fehlstart in der Königsklasse den Umständen und mangelnder Nestwärme zuschrieb, wirkt Fernández in seinem zweiten MotoGP-Jahr entschlossener und bereit, sich im Zweifelsfall am eigenen Schopf aus dem Schlamassel zu ziehen.
«Natürlich bin ich frustriert, wenn ich bei einem Training als 16. oder 17. in der Zeitenliste stehe. Eines meiner Probleme ist zum Beispiel, dass ich die weichen Reifen bei der Zeitenjagd noch nicht optimal nutzen kann. Die anderen steigern sich gewaltig, ich nur ein bisschen», erklärte Fernández, der 2021 als Rookie nicht weniger als acht Moto2-WM-Rennen gewann, eines mehr als Marc Márquez in seiner Rookie-Saison 2011.
«Mir ist klar, dass ich an mir selbst arbeiten muss, und dass ich neben dem nötigen Verständnis fürs Schnellfahren innere Ruhe finden und Selbstsicherheit aufbauen muss», ergänzte er.
Sein neues Umfeld biete ihm dafür ideale Voraussetzungen. «Man bringt mir Wertschätzung entgegen. Obwohl ich langsam unterwegs bin, hört man bei Aprilia auf meine Meinung, und wenn ich um etwas bitte, setzen sie sofort alles in Bewegung, um mir zu helfen. Auch vom Team und von Teamchef Razlan Razali spüre ich uneingeschränkten Rückhalt. Es ist wie ein Traum.»
Offensichtlich ist sich Raúl Fernández klar darüber, dass es nach einer zweiten Chance auf eine MotoGP-Karriere wohl kaum eine dritte geben wird, falls auch die Saison im Aprilia-Satellitenteam in gedrückter Stimmung und mit niederschmetternden Resultaten enden sollte. «Noch sind die Ergebnisse mager, doch mit dem Aprilia-Werk im Rücken kann ich es schaffen», beteuerte er. «Ich bin so motiviert wie noch nie!»
Ergebnisse MotoGP Austin/USA (16.4.):
1. Alex Rins (E), Honda, 20 Rdn in 41:14,649 min
2. Luca Marini (I), Ducati, +3,498 sec
3. Fabio Quartararo (F), Yamaha, +4,936
4. Maverick Viñales (E), Aprilia, +8,318
5. Miguel Oliveira (P), Aprilia, +9,989
6. Marco Bezzecchi (I), Ducati, +12,049
7. Johann Zarco (F), Ducati, +12,242
8. Franco Morbidelli (I), Yamaha, +20,399
9. Fabio Di Giannantonio (I), Ducati, +27,981
10. Augusto Fernández (E), KTM, +28,217
11. Michele Pirro (I), Ducati, +32,370
12. Jonas Folger (D), KTM, +1:08,065 min
13. Brad Binder (ZA), KTM, +1:23,012
– Stefan Bradl (D), Honda, 2 Runden zurück
– Takaaki Nakagami (J), Honda, 9 Runden zurück
– Joan Mir (E), Honda, 12 Runden zurück
– Pecco Bagnaia (I), Ducati, 13 Runden zurück
– Jack Miller (AUS), KTM, 14 Runden zurück
– Raúl Fernández (E), Aprilia, 14 Runden zurück
– Aleix Espargaró (E), Aprilia, 1. Runde nicht beendet
– Jorge Martin (E), Ducati, 1. Runde nicht beendet
– Alex Márquez (E), Ducati, 1. Runde nicht beendet
WM-Stand nach 6 von 42 Rennen:
1. Bezzecchi, 64 Punkte. 2. Bagnaia 53. 3. Rins 47. 4. Viñales 45. 5. Zarco 44. 6. Marini 38. 7. Quartararo 34. 8. Alex Márquez 33. 9. Binder 30. 10. Morbidelli 29. 11. Martin 29. 12. Miller 26. 13. Aleix Espargaró 18. 14. Oliveira 16. 15. Augusto Fernández 14. 16. Di Giannantonio 13. 17. Nakagami 7. 18. Marc Márquez 7. 19. Mir 5. 20. Pirro 5. 21. Folger 4. 22. Raúl Fernández 2.
Konstrukteurs-WM:
1. Ducati, 103 Punkte. 2. Honda 54. 3. Aprilia 51. 4. KTM 49. 5. Yamaha 43.
Team-WM:
1. Mooney VR46 Racing, 102 Punkte. 2. Prima Pramac 73. 3. Aprilia Racing 63. 4. Monster Energy Yamaha 63. 5. Ducati Lenovo 58. 6. Red Bull KTM 56. 7. LCR Honda 54. 8. Gresini Racing 46. 9. CryptoDATA RNF 18. 10. GASGAS Tech3 18. 11. Repsol Honda 12.