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MotoGP: Der Tag, an dem bei Aprilia der Umschwung kam

Von Günther Wiesinger
Jahrelang fuhr Aprilia nach der MotoGP-Rückkehr 2015 hinterher. Doch nach dem gescheiterten Protest gegen den «spoon» von Ducati in Doha/Katar 2019 erkannte der neue Rennchef Massimo Rivola, was zu tun ist.

Wer hätte das vor zwei, drei Jahren erwartet? Beim Jerez-GP lag am Freitag nach den ersten zwei Trainings kein japanisches Motorrad unter den Top-8. Am Samstag im Sprint humpelte Alex Rins als bester Honda-Pilot auf Rang 13, am Sonntag traf LCR-Honda-Pilot Taka Nakagami auf Platz 9 ein. Vor ihm brausten nur Ducati, KTM und Aprilia über den Zielstrich. Die besten Yamaha-Ergebnisse in Jerez: Quartararo auf Platz 12 im Sprint, dann Zehnter vor Morbidelli am Sonntag.

Red Bull-KTM brachte hingegen am Freitag alle drei Fahrer in die Top-8, am Samstag fuhr das KTM-Trio im Q2 in die ersten drei Startreihen. Im Sprint rauschten Binder (1.), Miller (3.) und Pedrosa (6.) in die Top-6. Im Rennen am Sonntag glänzten Binder und Miller mit den Rängen 2; Haudegen Dani Pedrosa hielt sich mit seinen 37 Jahren auf Rang 7 wieder grandios. In der Fahrer-WM sind Binder und Miler auf die Platz 3 und 4 vorgeprescht. 

«Ja, diese Ergebnisse zeigen definitiv, dass Ducati, Aprilia und KTM mehr als Wort gehalten haben, als sie sich vorgenommen haben, sich in der MotoGP ordentlich zu etablieren», erklärte Pit Beirer, Motorsport-Direktor der Pierer Gruppe mit den Marken KTM, GASGAS und Husqvarna. «Es ist für niemanden mehr einfach. Liegt es immer nur am Bike? Liegt es immer nur an Japan oder Europa? Alex Rins hat in Texas auf der Honda gewonnen. Es muss immer alles zusammenpassen; das geht beim Team los, dazu müssen die Fahrer und das gesamte Team performen.»

In gewissen Schwächephasen berief sich KTM immer wieder darauf, dass Ducati Corse schon 2003 in die neue Viertakt-MotoGP-Rennserie eingestiegen ist, Aprilia sich sogar schon 2002 an der neuen «premier class» beteiligte, Yamaha und Honda und Suzuki ebenfalls. KTM kreuzte hingegen als vielfach belächelte Offroad-Firma erst 2017 in der Königsklasse auf, noch dazu als einziger Hersteller mit Stahlrahmen und der hauseigenen WP-Suspension. Alle anderen Teams setzen auf Alu-Chassis und auf Öhlins.

Aber Aprilia zog sich nach 2004 mit dem 990-ccm-Reihen-Dreizylinder wieder aus der WM zurück, kehrte 2015 mit dem Vierzylinder zurück, siegte 2022 in Argentinien und verfügt mangels Hauptsponsor als Werksteam sicher über die geringsten finanziellen Ressourcen aller Hersteller.

Doch die italienischen Werke Ducati und Aprilia haben dank ihrer Rennchefs Gigi Dall’Igna und Massimo Rivola die Wichtigkeit der Aerodynamik für die MotoGP-WM früher erkannt als die Konkurrenz und deshalb 2022 den Titelkampf unter sich ausgemacht.

Bei KTM geht es seit dem Beginn der Zusammenarbeit mit dem F1-Team von Red Bull Racing auf dem Gebiet der Aerodynamik, bei der Downforce (Abtrieb), den «Ground Effect»-Verkleidungen, den erlaubten Winglets sowie neuen Gadgets wie die Heckspoiler oder jetzt mit den «downwash ducts» zügig vorwärts. Dazu wurden jetzt bei KTM in Jerez die neuen verlängerten Side-Pods gesichtet.

Bei jedem Test sind bei den Pierer Mobility-Teams neue Aero-Updates zu sehen, aber sie werden noch weiter maximiert. Erst in der zweiten Saisonhälfte soll jeder Fahrer von KTM und GASGAS ein zweites Aero-Package homologieren lassen.

«Es ist kein Geheimnis, dass wir Aprilia und speziell Massimo Rivola und seine Truppe extrem respektieren», erklärte Pit Beirer im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Sie haben in den letzten Jahren klasse Arbeit geleistet. Sie sind ja auf manchen Strecken und in manchen Teilabschnitten unschlagbar. Massimo hat uns allen aufgezeigt, dass man das Ganze noch mal verbessert, wenn man die richtigen schlauen Formel-1-Ingenieure ins MotoGP-Fahrerlager holt und ihr Know-how mit dem Wissen jener Ingenieure verknüpft, die im Motorradbau ausgebildet sind. Diese Türe hat definitiv Massimo Rivola aufgemacht.»

«Ich weiß auch genau, wann das passiert ist und warum», sagt Beirer, «nämlich bei der Berufungsverhandlung im April 2019 in Genf, als uns vor dem FIM-Gericht klar gemacht wurde, dass der umstrittene Spoiler oder 'spoon' von Ducati unter der Schwinge vor dem Hinterrad kein aerodynamisches Hilfsmittel ist, sondern nur zur Kühlung des Hinterreifens dient. Damals hat Massimo gesagt: ‘Okay, wir haben es verstanden. Wir brauchen ein paar Aerodynamiker aus der Formel 1’. Damals ging die Aero-Entwicklung ganz intensiv los. Aber es finden alle Entwicklungen auf Basis des existierenden Reglements statt. Und unter diesem Leistungsdruck entstehen unheimlich gute Rennmotorräder.»

MotoGP-Ergebnis, Jerez (30.04.):

1. Bagnaia, Ducati, 24 Rdn in 39:29,085 min
2. Brad Binder, KTM, + 0,221 sec
3. Miller, KTM, + 1,119
4. Martin, Ducati, + 1,942
5. Aleix Espargaró, Aprilia, + 4,760
6. Marini, Ducati, + 6,329
7. Pedrosa, KTM, + 6,371
8. Alex Márquez, Ducati, + 14,952
9. Nakagami, Honda, + 15,692
10. Quartararo, Yamaha, + 15,846
11. Morbidelli, Yamaha, + 17,209
12. Di Giannantonio, Ducati, + 17,911
13. Augusto Fernández, KTM, + 19,010
14. Bradl, Honda, + 27,294
15. Raul Fernández, Aprilia, + 36,371
16. Lecuona, Honda, + 36,753
17. Folger, KTM, + 47,146
– Viñales, Aprilia, 1 Runde zurück
– Zarco, Ducati, 8 Runden zurück
– Bezzecchi, Ducati, 8 Runden zurück
– Rins, Honda, 22 Runden zurück
– Mir, Honda, 23 Runden zurück
– Oliveira, Aprilia, nicht gestartet

MotoGP-Ergebnis Sprint, Jerez (29.04.):

1. Brad Binder, KTM, 11 Rdn in 18:07,055 min
2. Bagnaia, Ducati, + 0,428 sec
3. Miller, KTM, + 0,680
4. Martin, Ducati, + 0,853
5. Oliveira, Aprilia, + 1,638
6. Pedrosa, KTM, + 1,738
7. Viñales, Aprilia, + 3,248
8. Zarco, Ducati, + 3,380
9. Bezzecchi, Ducati, + 5,711
10. Marini, Ducati, + 7,015
11. Di Giannantonio, Ducati, + 7,174
12. Quartararo, Yamaha, + 7,467
13. Rins, Honda, + 9,867
14. Raúl Fernández, Aprilia, + 11,550
15. Bradl, Honda, + 15,455
16. Morbidelli, Yamaha, + 15,849
17. Augusto Fernández, KTM, + 15,969
18. Lecuona, Honda, + 25,356
19. Folger, KTM, + 25,530
– Mir, Honda, 4 Runden zurück
– Aleix Espargaró, Aprilia, 6 Runden zurück
– Alex Márquez, Ducati, 8 Runden zurück
– Nakagami, Honda, 8 Runden zurück

WM-Stand nach 8 von 40 Rennen:

1. Bagnaia 87 Punkte. 2. Bezzecchi 65. 3. Binder 62. 4. Miller 49. 5. Viñales 48. 6. Marini 48. 7. Martin 48. 8. Rins 47. 9. Zarco 46. 10. Alex Márquez 41. 11. Quartararo 40. 12. Morbidelli 34. 13. Aleix Espargaró 29. 14. Oliveira 21. 15. Di Giannantonio 17. 16. Augusto Fernández 17. 17. Nakagami 14. 18. Pedrosa 13. 19. Marc Márquez 7. 20. Mir 5. 21. Pirro 5. 22. Folger 4. 23. Raúl Fernández 3. 24. Bradl 2.

Konstrukteurs-WM:

1. Ducati 137 Punkte. 2. KTM 81. 3. Aprilia 67. 4. Honda 61. 5. Yamaha 49.

Team-WM:

1. Mooney VR46 Racing 113 Punkte. 2. Red Bull KTM Factory Racing 111. 3. Prima Pramac 94. 4. Ducati Lenovo Team 92. 5. Aprilia Racing 77. 6. Monster Energy Yamaha 74. 7. LCR Honda 61. 8. Gresini Racing 58. 9. CryptoDATA RNF 24. 10. GASGAS Tech3 21. 11. Repsol Honda 12.

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