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Plus & Minus: Große MotoGP-Sprechstunde nach Runde 1

Von Thomas Kuttruf
Der erste Grand Prix ist Geschichte. Ergebnisse liegen vor. Die Statistiken verraten aber nicht alles. Wer sitzt im Wartezimmer eines Mental-Trainers – und wer ist einfach nur zufrieden?

Als positive denkende Redaktion, zunächst die Gewinner des Auftakt-Wochenendes:

Die Ehre der ersten Zeile gebührt dem Weltmeister. Ohne Frage, Francesco Bagnaia verlässt den Wüstenstaat Katar in bester Verfassung. Die Tatsache, nach dem Auftakt zur neuen Saison Punkte-Führender des Klassements zu sein, hat nicht nur statistisch Relevanz. Der gesamte Auftritt von Fahrer und Team, seine rasante Steigerung von Sprint zu GP und die Souveränität über 21 Runden, das war die Arbeit eines Chefs. Mehr als nur einen Sieg, hat Pecco Bagnaia ein knallrotes Ausrufezeichen in der Wüste hinterlassen.

Brad Binder. Der Vierte der letzten Saison hat es optimal verstanden, die Fortschritte der KTM-Technologie umzusetzen. Binder fuhr in jeder Sitzung fehlerfrei, schaffte das hohe Ziel eines sehr guten Startplatzes (P4) und holte zwei Pokale für Südafrika und Österreich. Ohne die starke Vorstellung der «33» wäre KTM weit weniger in Aktion getreten. Im Rahmen der Möglichkeiten, geht Binder aus psychologischer Warte nicht schlechter vom Feld als Pecco Bagnaia. Der Weltmeister war vorne, aber stets im Zielvisier.

Pedro Acosta. Wow. Viel mehr gibt es nicht zu tippen. Die Zahlen an sich waren für einen Debütanten bereits spektakulär. Die Art und Weise, mit der Acosta zu Werke ging, bringen den Rookie aufs Podium der Nachbetrachtung. Als Mischung aus herumalberndem Racing-Kid und eiskaltem MotoGP-Superhelden hat Acosta gleich bei der Premiere für größte Furore gesorgt. Pedro Acosta, ein Geschenk für den Sport.

Marc Márquez. Die Ergebnisse von Doha zeigen, dass der Rekordsieger des letzten Jahrzehnts über sechs Testtage ein sehr gutes Gefühl für die Ducati entwickeln konnte. WM-Rang Vier ist derweil nur eine Zahl. Mental ist Márquez damit aber exakt, wo er sein will. Nah an der Spitze, aber ohne die mitunter unnötige Last, die durch einen Premieren-Sieg entstanden wäre. Die ruhige Art, mit der die «93» agiert hat, erhöht den mentalen Börsenwert des neuen Gresini-Ducati Piloten.

Franco Morbidelli. «Franky«, ein Gewinner von Katar? Aber ja. Der Italiener zeigt, dass der Punktestand nicht unbedingt die ganze Wahrheit verrät. Zwar blieb der zweite Zugang der großen Ducati-Allianz punktelos – der Speed des Teamkollegen von Jorge Martin lag konstant knapp zwei Sekunden hinter den Schnellsten. Morbidelli fehlt es an Routine. Aber: Der Italiener saß 2024 zum ersten Mal auf einer MotoGP-Rakete – Morbidelli zog durch. Zwar zu langsam, aber ohne jeglichen Schlamassel erfolgte sein sehr kontrollierter Restart. Mental ist das wichtiger als jeder WM-Zähler.

Fabio Di Giannantonio. Letztes Jahr saß der Römer fast die gesamte Saison auf einem Schleudersitz. Dann zog er sich selbst bravourös nach oben und konnte Last-Minute in der VR46 Struktur andocken. Zwar schaffte es «Diggia» nicht, den GP-Sieg in Losail zu wiederholen, aber er war gut bei der Musik und hat bestätigt, dass er zu Recht im Paddock ist. Eine gute Ausgangsbasis.

Im Sinne des Hochleistungssports gab es nicht minder viele Verlierer des Auftakts:

Da wäre zunächst Jorge Martin. Aber wieso? Der «Martinator» ist ein Verlierer auf höchstem Niveau. Statistisch und psychologisch. Als Vize-Weltmeister mit großer Klappe (Unser Weltklasse-Kolumnist Michael Scott hat die Attitüde des Spaniers ebenfalls treffend erfasst), muss Martin sich in jeder Hinsicht mit nichts anderem als der Zahl «1» befassen. Bagnaia muss geschlagen werden. Das gelang ihm zwar im Sprint, doch die Abrechnung im GP hat gesessen. Siehe oben, Bagnaia hat mit Leistung seine Rolle behauptet. Das stinkt der «89». Gut so, es muss ja einen frustrierten Zweiten geben.

Luca Marini. Es lässt sich nicht schönschreiben. 2023 auf der Pole in Katar, 2024 letzter im Quali. In beiden Rennen nirgends. Das tut richtig weh. Der Schlaks aus Urbino dürfte sich wie ein Profi-Kicker fühlen, der von der Champions League in die zweite Liga abgestiegen ist. Honda und Marini werden sich davon erholen, aber nicht heute.

Marco Bezecchi. Die Unbeschwertheit des letzten Jahres ist fast verflogen. Donnerstag machte der VR46-Athlet noch Gags zum Diäten-Trend im Fahrerlager, am Sonntagabend blieb das Gesicht ausdruckslos. So ist sie, die brutale MotoGP-Welt. Nur Kleinigkeiten passen nicht, aber es fühlt sich an, als wäre man im Nichts. WM-Rang 14, 2 Punkte, Basta Katar.

Augusto Fernandez. Auf der Strecke schlug sich der GASGAS-Fahrer tapfer. Aus sportlicher Sicht wurde er den Erwartungen grob gerecht. Wäre da nicht Acosta. Bekannt ist, der Teamkollege ist stets der übelste Gegner. Folglich sitzt Fernandez nach Katar psychologisch gesehen in einer dunklen Einzelzelle.

Alex Márquez. Trotz Bruderliebe, gilt auch hier das Teamkollegen-Prinzip. Sportlich war Alex zwar gut unterwegs, aber eben hinter Marc. Und auch sonst: «All eyes on 93.»

Fabio Quartararo. Merde. Da schuften das Yamaha-Werk und Fahrer intensiv über Monate und auf dem MotoGP-Laufband geht es rückwärts. Mental wird es dem Franzosen ähnlich gehen wie Marini, nur dass der Ex-Weltmeister beim gleichen Verein geblieben ist.

Auch im MotoGP-Leben gibt es nicht nur «Winner and loser». Es bleibt eine Art neutrale Zone für jene Akteure, deren Auftakt in der Wüste ein Gleichgewicht aus sportlicher Messbarkeit und mentaler Verfassung ergibt:

Zusammenfangen lassen sich die Aprilia-Piloten. Espargaro jubelte am Samstag, schmollte am Sonntag. Vinales, weder vorne noch hinten. Auch die Trackhouse-Racing Männer Oliveira und Fernandez waren trotz schickstem Outfit wenig sichtbar. Ihr Team-Projekt ist noch jung, das neutralisiert die mauen Resultate. Aprilia hat sich beim Auftakt noch nicht definiert.

Wenig beeindruckend vom schlechten Abschneiden dürfte Jack Miller sein. Der Australier ist sportlich unzufrieden, aber im Kopf extrem solide. «Thriller» Miller kennt seine Stärken.

Alex Rins. Offiziell ist der Spanier topfit. Seine Ergebnisse dem Umstieg geschuldet. Beobachtet man Rins aus der Nähe, ist aber klar: Es ist ein Wunder, dass der junge Mann überhaupt auf einem MotoGP-Bike am Start ist. Es gibt 70-Jährige, die steigen besser Treppen. Alex Rins wird glücklich sein, im Zirkus dabei zu sein, aber sportlich «unhappy».

Nicht leicht ist der Fall Enea Bastianini. Auf der Piste war der Start prima. Erste Startreihe, zwei Zielankünfte. WM-Rang fünf. Alles ist möglich. Auf der anderen Seite hat er auch eine klare Ansage des Chefs mit der Nummer «1» erhalten. «La Bestia» – hin und gerissen zwischen Lust und Frust.

Bleibt das Honda-Trio mit Zarco, Nakagami und Mir. Sportlich gesehen gehören alle drei Racer nicht in die neutrale Zone. Als 12. Im WM-Klassement ist Johann Zarco bester RC213V-Pilot und zugleich Fahnenträger der Japaner. Aber: Es tut sich etwas hinter den Boxenwänden. Wenn auch noch nicht an Resultaten ablesbar, es wird gearbeitet. Die Gesichter in den Honda-Teams sind konzentriert, aber nicht verzweifelt.

Morgen: Der Blick auf die Weltmeisterschaft unter den Herstellern.

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