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Mercedes und die Jagd nach dem perfekten Boxenstopp

Von Otto Zuber
Hohe Kunst: Ein Formel-1-Boxenstopp dauert nur rund zwei Sekunden

Hohe Kunst: Ein Formel-1-Boxenstopp dauert nur rund zwei Sekunden

Ein Formel 1-Team absolviert einen Boxenstopp schneller, als es dauert, diesen Satz zu lesen. Zumindest in der Theorie. Wenn man die Reifenwahl in der letzten Sekunde ändert, kann es auch mal einen Tick länger dauern.

Im neuesten Mercedes-Feature widmet sich die Sternmarke der Kunst des schnellen Reifenwechsels und geht folgenden Fragen nach: Welches ist der wichtigsten Faktor beim Boxenstopp? Wie sieht die Aufgabenverteilung in der Boxencrew genau aus? Und wie trainieren die Teammitglieder, vier Reifen in rund zwei Sekunden zu wechseln? Die Antworten auf diese und andere Fragen gibt’s hier.

Zunächst einmal geht es um den wichtigsten Faktor beim Reifenwechsel im Renntempo. Es ist alles andere als einfach, einen perfekten F1-Boxenstopp zu absolvieren. Dafür müssen alle seine komplizierten Elemente in absoluter Harmonie ablaufen. Das ist eine schwierige Aufgabe, besonders, wenn der Boxenstopp mitten in einen harten Kampf auf der Strecke fällt.

Die Autos werden innerhalb von etwas mehr als zwei Sekunden abgefertigt. Das ist zumindest das Ziel. Alles darüber hinaus wird als ein langsamer Stopp angesehen. Ziemlich beeindruckend, wenn man bedenkt, wie viel in dieser kurzen Zeit passiert. Die reine Geschwindigkeit ist aber gar nicht das wichtigste Ziel des Teams; stattdessen dreht sich alles um die Konstanz.

Ein Stopp von 1,9 Sekunden ist klasse, aber wenn ihm später im Rennen ein zweiter Stopp in 3,6 Sekunden folgt, hat man den Vorteil des ersten Stopps schon wieder verloren. Deshalb versuchen die Teams, konstante Boxenstopp-Zeiten zu erzielen, und zwar nicht nur bei den einzelnen Rennen, sondern über die gesamte Saison hindurch.

Bei der Frage, welches die einzelnen Aufgaben der Boxencrew-Mitglieder sind, hilft ein Blick auf die Zeitachse. Der erste Schritt innerhalb des engen Zeitfensters eines Formel 1-Boxenstopps ist die Einfahrt des Autos in die Boxengasse und das genaue Anhalten vor der Garage. Ein Teammitglied hält eine Stopp-Tafel, die anzeigt, wo genau der Vorderreifen zum Stehen kommen sollte. Sobald das Auto seine Position erreicht hat, wird das Signal entfernt und das Auto von den beiden Teammitgliedern mit den Wagenherben vorne und hinten angehoben.

Jetzt geht die Reifen-Crew an die Arbeit. An einem Reifenwechsel sind zwölf Personen beteiligt, drei an jeder Ecke des Autos: einer betätigt den Schlagschrauber, einer nimmt den alten Reifen herunter und ein anderer ersetzt ihn durch einen neuen. Sobald die Radmuttern gelöst wurden, werden die gebrauchten Reifen abgenommen und durch neue ersetzt. Die Radmuttern werden befestigt und wenn die Crew-Mitglieder überzeugt sind, dass sie fest sind, drücken sie einen Knopf an ihrem Schlagschrauber, um dies zu bestätigen.

Während all das geschieht, können zwei weitere Teammitglieder die Einstellungen des Frontflügels mittels elektrischer Schrauber verstellen. Zudem sind zwei Personen auf Höhe der Fahrzeugmitte stationiert, um das Auto auszubalancieren, wenn es auf den Wagenhebern steht und die Kühler sowie das Visier des Fahrers und die Spiegel zu säubern, sollte dies nötig sein.

Ein weiteres Teammitglied überwacht den Boxenstopp und den Verkehr in der Boxengasse. Diese Person gibt das finale «Go», es entscheidet also, ob die Ampel auf grün geschaltet wird. Dadurch wird der Fahrer wieder in die Boxengasse losgelassen. Wenn zu viel Verkehr herrscht, halten sie den Knopf gedrückt, bis sich eine Lücke ergibt.

Es ist schwer zu sagen, wie lange die einzelnen Aufgaben dauern, da sie so schnell erledigt sind. Aber vom Anhalten des Autos an der Markierung bis zu dem Moment, in dem die Radmutter entfernt wurde, vergehen ungefähr fünf Zehntelsekunden. Ab diesem Zeitpunkt dauert der Reifenwechsel eine weitere Sekunde und das sichere Befestigen dauert grob vier Zehntel. Das Absetzen des Autos dauert noch einmal zwei Zehntel. Aber all das hängt natürlich davon ab, ob alles nach Plan verläuft.

Da der Fokus auf der Konstanz liegt und so viele Personen perfekt synchronisiert arbeiten müssen, macht Übung definitiv den Meister. Im Verlauf eines Rennwochenendes absolviert das Team deshalb rund 60 Übungsstopps. Am Donnerstag werden zudem bei einigen Stopps die Positionen gewechselt. Jedes Teammitglied hat seine feste Rolle und diese wird normalerweise auch im Verlauf der Saison beibehalten. Aber alle sollen auch Erfahrungen mit den anderen Aufgaben sammeln, um im Fall der Fälle einen Wechsel vornehmen zu können.

Das Team geht dabei nicht nur normale Standard-Szenerien durch. Es werden auch aussergewöhnliche Situationen trainiert, etwa der Wechsel der Fahrzeugnase (wofür ein spezieller seitlicher Wagenheber benötigt wird), ein Wechsel auf den Ersatz-Schlagschrauber oder der Einsatz des Starters, falls der Motor abgewürgt wird. Um sicherzustellen, dass die Boxenstopps bereits ab dem ersten Saisonrennen so konstant wie möglich verlaufen, absolviert das Team in der Winterpause ungefähr 60 Boxenstopps pro Woche.

Neben der Vorbereitung auf die meisten Szenarien gibt es einen stetigen Verbesserungsdrang – von der Positionierung der Crew bis zur Ausrüstung (etwa dem Design der Radmuttern oder der Wagenheber). Auch die Fitness spielt eine Rolle bei der Verbesserung der Boxenstopps. Entsprechend arbeitet das Team auch hart an der körperlichen Verfassung, um in bestmöglicher Form zu sein. Der Fokus liegt dabei auf Kraft, Konditionstraining und das Dehnen, es gibt aber auch spezielle Übungen für die einzelnen Aufgaben.

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