Coronakrise in Spanien: Angst bei Nachbar Portugal

Von Mathias Brunner
​In Europa wütet die Corona-Pandemie besonders heftig in Italien und in Spanien. Die Angst geht um im benachbarten Portugal, wie der langjährige Formel-1-Journalist Luis Vasconcelos erklärt.

Der Virus namens SARS-CoV-2 schlägt in Italien und Spanien besonders umbarmherzig zu: 74.386 Covid-19-Kranke in Italien, 7503 Menschen sind daran verstorben; 49.515 Kranke in Spanien, 3647 Tote sind zu beklagen. Natürlich ist die Angst beim Spanien-Nachbar Portugal gross – hier sind inzwischen 2995 Menschen infiziert, die Todesopferzahl ist mit 43 gemessen an Spanien niedrig.

Auch Luis Vasconcelos beobachtet die Situation in seiner Heimat Portugal in Sorge. Seit vielen Jahren ist er fester Bestandteil der Formel-1-Journalistentruppe. Er sagt: «Am 18. März wurde in Portugal der Notstand ausgerufen. Nur lebensnotwendige Geschäfte sind noch geöffnet. Aber die Regeln sind nicht annähernd so streng wie in Italien, Frankreich oder Spanien.»

«In den Lebensmittelläden wird darauf geachtet, dass nicht zu viele Menschen gleichzeitig einkaufen. Wir haben die dringende Empfehlung, zuhause zu bleiben, und die Polizei achtet darauf, dass keine Menschenansammlungen entstehen. Aber eine Ausgehsperre im eigentlichen Sinne haben wir nicht.»

«Die Verbreitung des Virus verläuft bei uns wie in den meisten europäischen Ländern. Weil aber gemessen an anderen Ländern früh Gegenmassnahmen ergriffen worden sind, bleiben die Zahlen verhältnismässig niedrig.»

«Bei uns hat Corona gute zwölf Tage nach Italien angefangen zu wüten, also werden bei uns die Zahlen noch eine Weile steigen. Ich hoffe, in gut zwei Wochen fangen sie an zu sinken. Aber so etwas wie Normalität werden wir frühestens Ende Mai haben, im besten Falle.»

«Meine Landsleute gehen mit der Katastrophe auf eine typisch portugiesische Art und Weise um, die getroffenen Massnahmen waren richtig, wurden aber nicht so streng umgesetzt als anderswo. Premierminister António Costa wollte weniger machen, aber Präsident Marcelo Rebelo de Sousa – ohne exekutive Gewalt, aber mit viel politischem Gewicht – hat sich für die Verhängung des Notstands starkgemacht, also haben wir den, mit zahlreichen Ausnahmen.»

«Bislang hält das Gesundheitssystem der Krise gut stand. Eine Reihe von Privatkrankenhäusern wurde dafür eingerichtet, Infizierte zu empfangen, aber wir sind von einer Vollbelegung weit entfernt. Sorgen macht mir die Zuwachsrate. Wenn die weiter steigt, dann sieht die Situation in einer Woche ganz anders aus. Das medizinische Fachpersonal ist ohnehin schon überfordert. Also wurden Ärzte aus ihrem Ruhestand zurückgeholt, auf freiwilliger Basis.»

Jeder fragt sich in diesen Zeiten: Habe ich die Bedrohung Corona zu wenig ernst genommen? Hätten wir nicht früher handeln sollen? Luis Vasconcelos antwortet: «Ja, man hätte fünf bis sieben Tage früher handeln können. Für meinen Geschmack wurde zu lange darüber diskutiert, wie genau vorgegangen werden soll. Aber wir haben eine Minderheitsregierung, und der Finanzminister würde seinen Posten lieber gestern als heute zur Verfügung stellen. Also dauerte alles ein wenig länger.»

Jeder geht auf seine ganz eigene Weise mit dieser Pandemie um. Luis meint: «Ich war am vermeindlichen GP-Wochenende von Australien. Seit ich zurückgekommen bin, befinde ich mich in selbstgewählter Quarantäne. Ich mache das, weil wir im Fahrerlager von Melbourne zwei Covid-19-Fälle hatten, den McLaren-Mechaniker und den Mitarbeiter von Pirelli, und weil ich auf dem Flug von Melbourne nach Dubai viele Menschen an Bord gesehen habe, die sich nicht gut fühlten.»

«Ich lebe im Studio über meiner Wohnung und verbringe meine Zeit mit Schreiben, Lesen und ein wenig Fernsehen. Die Nachrichten verfolge ich spärlich, weil das Thema auf die Dauer sehr deprimierend wird. Ich hänge viel am Telefon oder schreibe E-mails, um die älteren Menschen in meiner Familie und meinem Freundeskreis aufzumuntern. Ich gehe nur 10 bis 15 Minuten pro Tag vor die Tür, so wie es die Regierung rät. Das ist für mich kein Problem, weil ich ausserhalb von Lissabon lebe. Ich sehe lediglich aus der Distanz vier oder fünf Menschen, die ebenso spazieren, sonst ist keine Menschenseele zu entdecken. Am schwierigsten für mich ist die Tatsache, nicht mit meiner Frau und meiner jüngeren Tochter leben zu können und so auf Distanz zu sein.»

Wie geht es der nationalen Motorsportszene? Luis sagt: «Wir haben zwei permanente Rennstrecken, das Autódromo Internacional do Algarve und den Circuito do Estoril, wo früher der portugiesische Formel-1-WM-Lauf stattgefunden hat, ausserhalb von Lissabon. Alle Veranstaltungen sind natürlich gestrichen, nichts passiert dort. Die Regierung hat ein Sicherheitspaket geschnürt, damit die Wirtschaft weniger leidet und die Menschen ihre Jobs behalten. Die Fürsorge übernimmt dabei 82,5 Prozent der Löhne über einen Zeitraum von zwei Monaten, die restlichen 17,5 Prozent bezahlen die Arbeitgeber – mit dem Ziel, dass niemand entlassen werden muss.»

«Unsere nationale Motorsportszene ist gemessen an anderen Ländern Europas klein. Viel Geld fliesst in die Rallye-Landesmeisterschaft, die werden leiden.»

Und was ist mit den grossen Veranstaltungen? Wann werden wir wieder von Formel-1-Rennen berichten? Vasconcelos ist Realist: «Es war abzusehen, dass weitere Rennen verschoben und abgesagt werden müssen. Dann wird ohne Zweifel versucht, jene Grands Prix nachzuholen, die am meisten Geld in die Kasse bringen – also WM-Läufe wie Bahrain, Vietnam, China oder Asebaidschan. Rennen hingegen, die eine niedrige Antrittsgebühr entrichten, könnten geopfert werden, etwa Spanien, Brasilien oder Japan. Im besten Falle könnten wir im Juli wieder fahren, im schlechsten Falle Ende August.»

Der gegenwärtige Formel-1-Kalender 2020

14. Juni: Montreal, Circuit Gilles Villeneuve/CDN
28. Juni: Le Castellet, Circuit Paul Ricard/F
05. Juli: Spielberg, Red Bull Ring/A
19. Juli: Silverstone, Silverstone Circuit/GB
02. August: Mogyoród bei Budapest, Hungaroring/H
30. August: Francorchamps, Circuit de Spa-Francorchamps/B
06. September: Monza, Autodromo Nazionale/I
20. September: Singapur, Marina Bay Street Circuit/SGP
27. September: Sotschi, Sochi Autodrom/RUS
11. Oktober: Suzuka, Suzuka Circuit/J
25. Oktober: Austin, Circuit of the Americas/USA
1. November: Mexico City, Autódromo Hermanos Rodríguez/MEX
15. November: São Paulo, Autódromo José Carlos Pace/BR
29. November: Abu Dhabi, Yas Marina Circuit/UAE

Ohne neuen Termin

Shanghai, Shanghai International Circuit/RCH
Melbourne, Albert Park Circuit/AUS
Bahrain, Bahrain International Circuit/BRN
Hanoi, Street Circuit Hanoi/VN
Zandvoort, Circuit Park Zandvoort/NL
Montmeló bei Barcelona, Circuit de Barcelona-Catalunya/E
Aserbaidschan, Baku City Circuit/AZ

Abgesagt
Monte Carlo, Circuit de Monaco/MC

Das ursprüngliche WM-Programm

15. März: Melbourne, Albert Park Circuit/AUS
22. März: Bahrain, Bahrain International Circuit/BRN
5. April: Hanoi, Street Circuit Hanoi/VN
19. April: Shanghai, Shanghai International Circuit/RCH
3. Mai: Zandvoort, Circuit Park Zandvoort/NL
10. Mai: Montmeló bei Barcelona, Circuit de Barcelona-Catalunya/E
24. Mai: Monte Carlo, Circuit de Monaco/MC
7. Juni Aserbaidschan, Baku City Circuit/AZ
14. Juni: Montreal, Circuit Gilles Villeneuve/CDN
28. Juni: Le Castellet, Circuit Paul Ricard/F
5. Juli: Spielberg, Red Bull Ring/A
19. Juli: Silverstone, Silverstone Circuit/GB
2. August: Mogyoród bei Budapest, Hungaroring/H
30. August: Francorchamps, Circuit de Spa-Francorchamps/B
6. September: Monza, Autodromo Nazionale/I
20. September: Singapur, Marina Bay Street Circuit/SGP
27. September: Sotschi, Sochi Autodrom/RUS
11. Oktober: Suzuka, Suzuka Circuit/J
25. Oktober: Austin, Circuit of the Americas/USA
1. November: Mexico City, Autódromo Hermanos Rodríguez/MEX
15. November: São Paulo, Autódromo José Carlos Pace/BR
29. November: Abu Dhabi, Yas Marina Circuit/UAE

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