Formel 1: «Dumme Regel half Verstappen»

Formel-1-CEO Chase Carey: Sein Plan für Saison 2020

Von Mathias Brunner
Formel-1-CEO Chase Carey

Formel-1-CEO Chase Carey

​Formel-1-CEO Chase Carey (66) sagt, wie eine umgekrempelte Saison 2020 vielleicht aussehen könnte: Die GP sollen kontinental gebündelt werden. Carey warnt: «Es kann sich jederzeit alles wieder ändern.»

Seit Wochen spricht der US-Amerikaner Chase Carey davon, dass er trotz Corona-Pandemie in diesem Jahr noch 15 bis 18 Rennen erleben möchte. Das klingt vor dem Hintergrund des weltweit wütenden Virus SARS-CoV-2 weltfremd.

Der Geschäftsleiter der Formel 1 skizziert nun in groben Zügen, wie sich die Formel-1-Führung eine komplett umgekrempelte Saison 2020 vorstellt. Und er gibt zu, dass sich im Laufe der kommenden Wochen und Monate wegen der Unberechenbarkeit im Kampf gegen SARS-CoV-2 ständig alles wieder ändern kann.

Bislang wurden sieben Rennen verschoben (in dieser Reihenfolge China, Bahrain, Vietnam, Zandvoort, Barcelona, Baku und Montreal). Monaco gab als erster Veranstalter bekannt, dass es 2020 kein Rennen geben wird. Australien zog nach, weil die Infrastruktur im Albert-Park von Melbourne nicht zwei Mal aufgebaut wird. Am 27. April bestätigte Eric Boullier, Geschäftsführer des Circuit Paul Ricard, dass es 2020 keinen Grossen Preis von Frankreich geben wird.

Die Formel-1-Führung arbeitet eng mit den österreichischen Behörden zusammen, um am 5. sowie am 12. Juli auf dem Red Bull Ring zwei WM-Läufe austragen zu können. Anschliessend soll in Silverstone gefahren werden, angedacht sind ebenfalls zwei Rennen, die selbstredend wie in der Steiermark unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfänden, also als Geisterrennen.

Aber wie würde es dann weitergehen? Formel-1-CEO Chase Carey: «Obschon heute der Grand Prix von Frankreich abgesagt werden musste, sind wir zunehmend optimistisch, dass wir die Formel-1-Saison im Sommer beginnen können. Der Plan besteht darin, dass wir in den Monaten Juli, August und September in Europa Rennen austragen, angefangen in Österreich am 5. Juli.»

«Im September, Oktober und November wollen wir in Eurasien, Asien und Amerika Rennen fahren, bevor die Saison im Dezember in der Golfregion zu Ende ginge, mit Bahrain und Abu Dhabi. Wir werden einen entsprechenden WM-Kalender veröffentlichen, sobald wir mehr Antworten haben.»

Carey weiter: «Wir gehen davon aus, dass die ersten Rennen ohne Zuschauer stattfinden werden. Wir geben aber die Hoffnung nicht auf, dass wir im weiteren Verlauf des Jahres vielleicht Mittel und Wege finden könnten, dass die Fans wieder mehr ins Geschehen an den Rennstrecken eingebunden werden könnten.»

Momentan kann man sich wegen der Abstandsregeln, wegen des Gesichtsmaskenschutzes, der Reiseverbote, der Versammlungsverbote wegen Quarantänebestimmungen, der Verbote von Risikosportarten und vieler weiterer Punkte nur schwer vorstellen, wie die Formel 1 wieder weltweit rollen soll, an WM-Läufe gar vor Fans ist aus heutiger Sicht überhaupt nicht zu denken, die Worte von Carey wirken realitätsverleugnend.

AlphaTauri-Teamchef Franz Tost hat das im SPEEDWEEK.com-Interview am besten auf den Punkt gebracht: «Wir haben mehr Fragen als Antworten.»

Zu Einzelheiten, wie sich das Fachpersonal der Formel 1 bewegen soll und wie das ganze Material rund um die Welt transportiert wird, äussert sich Carey nicht. Der US-Amerikaner bleibt vage: «Wir arbeiten an sehr vielen Aspekten, angefangen bei den ganzen Abläufen für die Rennställe vor dem Hintergrund, unter welchen Schutzmassnahmen in den verschiedenen Ländern gearbeitet wird. Gesundheit und Sicherheit haben weiterhin Priorität. Wir treiben die Pläne zur Durchführung eines WM-Laufs nur dann voran, wenn wir davon überzeugt sind, dass wir die Menschen schützen und das Risiko minimieren können.»

Aber Carmelo Ezpeleta, Chef von Motorrad-WM-Promoter Dorna, hat hier null Spielraum gelassen: «Wir dürfen durch unsere Events keinen einzigen Menschen neu infizieren. Das würde man uns nie verzeihen.»

Wer aufmerksam mitverfolgt hat, was den leichtsinnigen Verantwortlichen des Tiroler Coronavirus-Hotspots in der Skisport- und Après-Ski-Metropole Ischgl (1200 Schneekanonen, 230 Pisten-km) blüht, bringt rasch Verständnis für die Vorsichtsmassnahmen der Dorna auf.

Das Strafrecht hält nämlich Massnahmen gegen jeglichen Missstand bereit. Das Tiroler Landeskriminalamt ermittelt deshalb jetzt in Ischgl gegen Gastronomen, Hotelbesitzer und sogar gegen die lokale Gesundheitsbehörde wegen des Delikts der fahrlässigen Verbreitung einer gefährlichen Seuche.

Schon in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre wurde zur Zeit der rasch um sich greifenden AIDS-Erkrankungen heftig diskutiert, ob schon bei der leichtsinnigen Verbreitung von AIDS die Voraussetzung für Strafbarkeit gegeben ist, ob ein Vorsatz nachgewiesen werden müsse oder ob es reiche, wenn der Beschuldigte die Ansteckung und die Übertragung des HIV-Virus billigend in Kauf nahm.

Was vor mehr als 30 Jahren bei der HIV-Infektion oder später bei Ebola galt, können die Gerichte heute auch bei der mutwilligen Verbreitung von Coronaviren bestrafen. Den Rechtsgütern Leib, Leben, Gesundheit oder Vermögen sei es egal, an welcher Infektion sie zugrunde gehen, schrieb SPIEGEL.de schon am 20. März 2020.

In Ischgl gehen die Ermittler dem Verdacht der fahrlässigen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten nach. So eines Delikts würde sich jeder Unternehmer oder Veranstalter schuldig machen, der in absehbarer Zeit eine Grossveranstaltung durchführt, bevor es wirksame Impfstoffe gegen Covid-19 gibt.

Deshalb arbeitet die Dorna verantwortungsvoll und eng mit den Gesundheitsbehörden in allen Veranstalter-Ländern zusammen.

Formel-1-CEO Chase Carey schränkt daher ein: «Eines muss klar sein – alle unsere Pläne können sich ständig ändern, denn wir müssen uns um sehr viele Hürden kümmern, und keiner von uns weiss, was beim Kampf gegen diesen Virus noch alles auf uns zukommt.»

«Wir alle würden am liebsten zu einer Rennsportwelt zurückkehren, wie wir sie kennen und lieben, aber wir müssen uns dessen bewusst sein, dass dieser Weg zurück hart ist und nur dann beschritten werden kann, wenn wir das Richtige tun, in aller Sicherheit.»

Der gegenwärtige Formel-1-Kalender 2020

05. Juli: Spielberg, Red Bull Ring/A
19. Juli: Silverstone, Silverstone Circuit/GB
02. August: Mogyoród bei Budapest, Hungaroring/H
30. August: Francorchamps, Circuit de Spa-Francorchamps/B
06. September: Monza, Autodromo Nazionale/I
20. September: Singapur, Marina Bay Street Circuit/SGP
27. September: Sotschi, Sochi Autodrom/RUS
11. Oktober: Suzuka, Suzuka Circuit/J
25. Oktober: Austin, Circuit of the Americas/USA
1. November: Mexico City, Autódromo Hermanos Rodríguez/MEX
15. November: São Paulo, Autódromo José Carlos Pace/BR
29. November: Abu Dhabi, Yas Marina Circuit/UAE

Ohne neuen Termin
Shanghai, Shanghai International Circuit/RCH
Bahrain, Bahrain International Circuit/BRN
Hanoi, Street Circuit Hanoi/VN
Zandvoort, Circuit Park Zandvoort/NL
Montmeló bei Barcelona, Circuit de Barcelona-Catalunya/E
Aserbaidschan, Baku City Circuit/AZ
Montreal, Circuit Gilles Villeneuve/CDN

Abgesagt
Melbourne, Albert Park Circuit/AUS
Monte Carlo, Circuit de Monaco/MC
Le Castellet, Circuit Paul Ricard/F

Das ursprüngliche WM-Programm

15. März: Melbourne, Albert Park Circuit/AUS
22. März: Bahrain, Bahrain International Circuit/BRN
5. April: Hanoi, Street Circuit Hanoi/VN
19. April: Shanghai, Shanghai International Circuit/RCH
3. Mai: Zandvoort, Circuit Park Zandvoort/NL
10. Mai: Montmeló bei Barcelona, Circuit de Barcelona-Catalunya/E
24. Mai: Monte Carlo, Circuit de Monaco/MC
7. Juni Aserbaidschan, Baku City Circuit/AZ
14. Juni: Montreal, Circuit Gilles Villeneuve/CDN
28. Juni: Le Castellet, Circuit Paul Ricard/F
5. Juli: Spielberg, Red Bull Ring/A
19. Juli: Silverstone, Silverstone Circuit/GB
2. August: Mogyoród bei Budapest, Hungaroring/H
30. August: Francorchamps, Circuit de Spa-Francorchamps/B
6. September: Monza, Autodromo Nazionale/I
20. September: Singapur, Marina Bay Street Circuit/SGP
27. September: Sotschi, Sochi Autodrom/RUS
11. Oktober: Suzuka, Suzuka Circuit/J
25. Oktober: Austin, Circuit of the Americas/USA
1. November: Mexico City, Autódromo Hermanos Rodríguez/MEX
15. November: São Paulo, Autódromo José Carlos Pace/BR
29. November: Abu Dhabi, Yas Marina Circuit/UAE

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