Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Marc Márquez: Die Prognosen für 2022 sind düster

Von Günther Wiesinger
Die Honda Racing Corporation schweigt sich über den aktuellen Gesundheitszustand von Marc Márquez hartnäckig aus. Es sickern trotzdem Informationen durch. Sie sind beunruhigend.

Zum ersten Mal seit der Dutch-TT in Assen 1992 stand bei einem Motorrad-GP in der «premier class» kein Honda-Werksteam am Start. Denn Marc Márquez leidet nach wie vor an den Nachwirkungen seines Offroad-Unfalls, und Pol Espargaró fühlte sich nach seinem FP3-Crash nicht in der Lage, das WM-Finale zu bestreiten. 1992 fehlte Mick Doohan bei der Dutch-TT in Assen wegen seiner Unterschenkel-Verletzung, und sein Rothmans-500-Honda-Teamkollege Wayne Gardner (Vater von Remy) war damals nach einem Trainingssturz in Assen ebenfalls außer Gefecht.

Seit 1995 ist der spanische Mineralölkonzern Repsol Hauptsponsor des Honda-Werksteams in der Königsklasse. Seither glänzten noch nie beide HRC-Werksfahrer gleichzeitig durch Abwesenheit.

Köstlich: Am Sonntag hockten trotzdem bis zu zehn Repsol-Mitarbeiter aus dem Communications Departement im Media Centre. Aber bei null Teilnehmern konnten auch keine Heldentaten beschrieben werden, es gab gar kein Press Release. Und Teamprinzipal Alberto Puig verzichtete nach dem Desaster-Weekend am Montag sogar auf seine traditionelle PR-Predigt.

Auf die zwei MotoGP-Testtage in Jerez am Donnerstag und Freitag dieser Woche muss der sechsfache MotoGP-Weltmeister verzichten, der bei 142 MotoGP-Starts nicht weniger als 59 Siege und total 99 Podestplätze in der Königsklasse errungen hat.

Vor einer Woche nach der Abwesenheit beim Portimão-GP räumte HRC ein, dass es den Superstar wieder schwer erwischt hat.

Er hatte am vorletzten Montag Dr. Sánchez Dalmau in Barcelona aufgesucht. Dieser stellte eine Diplopie fest. Das bedeutet, dass Márquez zwei Bilder eines einzelnen Objekts erkennt, also binokulare Doppelbilder.

Dalmau erklärte: «Die Untersuchung, die Marc Márquez nach dem Trainingsunfall durchführen ließ, hat bestätigt, dass der Fahrer unter einer Diplopie leidet. Die Untersuchung hat zudem eine Lähmung des vierten rechten Nervs mit Beteiligung des rechten Musculus obliquus superior ergeben. Es wurde eine konservative Behandlung mit regelmäßigen Aktualisierungen gewählt, um die klinische Entwicklung zu verfolgen. Dieser Nerv ist derjenige, der bereits im Jahr 2011 verletzt wurde.»

Beim Valencia-GP schwiegen die wortkargen und vielzähligen Kommunikationsgestalten von HRC und Repsol wieder einmal hartnäckig über den Zustand ihres MotoGP-Aushängeschilds.

Aber wer sich bei den richtigen Teammitgliedern erkundigte, bekam zu hören: «Das Trauma befindet sich genau an derselben Stelle wie 2011. Die Doppelsichtigkeit passiert, sobald Marc den Blick nach unten richtet. Die Sicht nach oben und nach vorne ist nicht beeinträchtigt.»

Für alle Beteiligten ist klar: Es wird ein kleines Wunder nötig sein, wenn Repsol-Honda beim Saisonstart 2022 von 6. bis 8. März in Doha/Katar einen 100 Prozent einsätzfähigen Marc Márquez an den Start bringen will.

«Marc wird dazu viel Glück brauchen», war beim Valencia-GP zu hören.

Momentan muss sich Marc gehörig schonen, nur das Spazierengehen wurde ihm von den Ärzten nicht untersagt. 

Bisher laufen die Diskussionen bei HRC hinter verschlossen Türen.
Aber in Spanien wird vermutet, dass im Worst Case Alex Márquez zurück ins Repsol-Team befördert und ein junger Fahrer wie Iker Lecuona ins LCR-Team transferiert wird.

Der 21-jährige Spanier hat bei Tech3-KTM zwei MotoGP-Jahre absolviert und etliche Talentproben abgeliefert, aber eigentlich ist er neben Xavi Vierge für das Honda-Superbike-Werksteam vorgesehen.

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