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Suzuki beim Comeback stärker als erwartet

Kolumne von Günther Wiesinger
Nach drei Jahren kehrte das Suzuki-Werksteam 2015 wieder in die MotoGP-WM zurück. Die Skeptiker wurden belehrt, die Performance kann sich sehen lassen.

Ja, es gibt nichts zu beschönigen. Ich habe vor einem Jahr um diese Zeit schwarzgesehen, was die unmittelbare Zukunft von Suzuki in der MotoGP-Weltmeisterschaft betraf – also die Comeback-Saison 2015.

Alle, die keine eigene Meinung vorgetragen und die Ergebnisse friedlich abgewartet haben, können sich jetzt auf die Schenkel klopfen und sich freuen: Suzuki schaffte zuletzt in Barcelona die Startplätze 1 und 2.

Aber vor einem Jahr um diese Zeit sah die Situation übel aus.
Testfahrer Randy de Puniet verlor 2014 beim Barcelona-Montag-Test 1 sec mehr auf die Bestzeit als 2013.

Und ich war ehrlich erschüttert, als mir Teammanager Davide Brivio im Februar 2014 beim Sepang-1-Test erklärte, es sei nichts neu am GSX-RR Motorrad. Man experimentierte immer noch mit Elektronik-Partner Mitsubishi, später kümmerte sich Suzuki selber um die Software, der Umstieg auf die 2015 vorgeschriebene Marelli-Hardware erwies sich als mühsam, ein Seamless-Getriebe ist bis heute nicht vorhanden.

Dieses gemütliche Gehabe erinnerte verdächtig an die tristen Suzuki-MotoGP-Zeiten von 2002 bis Ende 2011. Damals fragte sich die ganze Welt, warum die Suzuki-Ingenieure zuerst einen V4-Motor mit 990 ccm und dann einen mit 800 ccm entwickelt hatten, obwohl ihr Suzuki-Superbike GSX-R 1000 mit dem Reihenvierzylindermotor Massstäbe setzte.

Irgendwann fuhr Suzuki-Superbike-Pilot John Reynolds ?bei Testfahrten in Valencia mit der GSX-R 1000 eine Zeit, die im MotoGP-Qualifying für Platz 6 gereicht hätte. Kenny Roberts war mit der 990-ccm-MotoGP-Suzuki langsamer, trotzdem machte Suzuki jahrelang mit dem verunglückten V4-Projekt weiter.

Schon in der ersten MotoGP-Viertakt-Saison 2002 ging Suzuki unter. Kenny Roberts junior, immerhin 500-ccm-Weltmeister 2000 auf Suzuki, landete mit 99 Punkten nur auf dem neunten WM-Rang. Rossi heimste mit der Honda 355 Punkte ein.

Der damalige Suzuki-Chef in Japan versicherte danach Roberts junior schriftlich, Suzuki werde «den besten MotoGP-Motor der Gegenwart» bauen.

Teammanager Garry Taylor erzählte später, Suzuki habe damals bessere Superbikes als Honda gebaut und war deshalb der Meinung, man verfüge auch für die MotoGP-WM über die beste Technologie.

Übrigens: 2003 landeten die Suzuki-Asse John Hopkins (29 Punkte) und Roberts 22 Punkte) in der WM auf den Rängen 17 und 19.

Teamchef Garry Taylor verzweifelte an der Uneinsichtigket der Japaner, alle Vorschläge aus Europa wurden unter den Tisch gekehrt. Schliesslich wurde Paul Denning 2005 zum neuen Teammanager erkoren.

Doch an der Misere der Suzuki-Viertakt-Ära änderte sich nichts. 2007 gewann zwar Chris Vermeulen den Regen-GP in Le Mans, aber Ende 2011 zog sich Suzuki enttäuscht aus der WM zurück. Es folgte eine schöpferische Pause.

Honda und Yamaha lagen immer noch ausser Reichweite, die 800-ccm- V4-Motoren platzten 2011 reihenweise. Den Umstieg in die neue 1000-ccm-Kategorie 2012 wollte sich Suzuki nicht antun.

Reihenmotor und neues Management brachte Umschwung

Es liess sich in den letzten zwei Jahren schwer einschätzen, ob Suzuki aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hatte.

Der Wechsel zum Vierzylinder-Reihenmotor wurde als Schritt in die richtige Richtung beurteilt. Aber dann gab es ein paar Geschehnisse, die für Zweifel sorgten. Beim Barcelona-GP 2013 verschob Suzuki das MotoGP-Comeback um ein Jahr auf 2015. Es gab dilettantische und unwürdige Verhandlungen wegen Startplätzen mit Jorge Martinez und IodaRacing, es schon schon wieder ein klares Konzept zu fehlen. Der damalige Rennchef Shinichi Sahara wurde in die Wüste geschickt.

Inzwischen hatte der einstige Teammanager Garry Taylor ein Dutzend Gründe für das Scheitern von Suzuki bis 2011 öffentlich gemacht, ein Pamphlet des Grauens und der japanischen Planlosigkeit.

Der neue MotoGP-Projektleiter Satoru Terada war ein unbeschriebenes Blatt, sein Durchsetzungsvermögen liess sich schwer einschätzen. Würde er die richtigen Ingenieure zusammentrommeln können? Würde er ausreichende Budgets zur Verfügung haben? Auch Teammanager Davide Brivo war neu, er ?verfügt allerdings viel Erfahrung und wirkte jahrelang bei Yamaha.

Naja, die Testfahrten 2014 verliefen nicht sehr verheissungsvoll. Suzuki weigerte sich hartnäckig, 2014 mit Wildcards anzutreten, was sich Testfahrer Randy de Puniets sehnlichst wünschte.

«Feigheit vor dem Feind», höhnten die Gegner. Nicht einmal beim Motegi-GP liess sich Suzuki blicken. So würde man den technischen Rückstand nie aufholen, die Entwicklungsgeschwindigkeit würde leiden, wenn man nur alle zwei, drei Monate mal alleine irgendwo testet, meinten die Rivalen.

Dann das Comeback im November beim Valencia-GP: Da breiten wir lieber den Mantel des Schweigens darüber. Randy de Puniet verheizte an drei Tagen vier Motoren! Im Rennen schied er ebenfalls aus, im Training hatte er 1,7 Sekunden auf die Bestzeit verloren und als 20. nur ein paar Claiming-Rule-Bikes hinter sich gelassen.

Später sickerte durch: Suzuki hatte in Valencia die Maximal-Drehzahl von 16.500/ min auf 16.000 reduziert, um die Motoren länger als 200 km am Leben zu erhalten. Trotzdem gaben auch an den drei Testtagen mit Aleix Espargaró und Maverick Vinales ?immer Motoren den Geist auf. Irgendwann sickerte durch, ein Elektronik-Bug ?habe die Motorschäden verursacht.

Wie gesagt: Die Vorzeichen liessen keine verheissungsvolle Saison 2015 erwarten.

Inzwischen hat sich herausgestellt: Randy de Puniet ist 201?4 im Vergleich zur Saison 2013 wohl um 1 Sekunde langsamer geworden, weil er im Vorjahr keine Rennen mehr bestritt. (2013 war er für das Martinez-Team noch die WM auf ART-Aprilia gefahren).

Ausserdem hat Suzuki ein grandioses Fahrwerk gebaut, die Motoren wurden 2015 standfester, mit Aleix Espargaró und Maverick Vinales hat Suzuki ausserdem eine perfekte Fahrerpaarung engagiert.

Aber: Aleix rutschte beim Barcelona-GP von der ersten bis zur dritten Kurve auf Platz 10 zurück. Da fehlte noch die Power beim Beschleunigen, auch punkto Rennspeed ist noch einiges aufzuholen.

Trotz seiner überwältigenden Qualifying-Performance liegt Aleix Espargaró in der WM nur an 12. Stelle, Vinales (bisher immer im Ziel!) ist starker WM-Achter. Die Bäume wachsen also noch nicht in den Himmel.

Trotzdem: Suzuki hat 2015 mehr erreicht, als ich ihnen zugetraut habe. Ich war skeptisch, weil in der Vergangenheit viele Fehler gemacht wurden.

Jetzt bin ich froh, mich geirrt zu haben.

Denn Suzuki ist eine sympathische Marke mit legendären GP-Erfolgen von 50 bis 500 ccm, in der Langstrecken-WM, in der Superbike-WM und im Motocross.

Zumindest im MotoGP-Training heizt ?die japanische Marke den Gegnern wie Honda, Yamaha und Ducati gleich im ersten Jahr gehörig ein – eine willkommene Bereicherung.

Und was meine misslungene Vorhersage von 2014 betrifft, halte ich mich an den alten Adenauer-Spruch: Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?

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