Yannick Dalmas: «Die Formel 1 war nicht gesund»

Von Mathias Brunner
Yannick Dalmas 2019 in Le Castellet mit Daniel Ricciardo

Yannick Dalmas 2019 in Le Castellet mit Daniel Ricciardo

​Die Formel 1 will Anfang Juli endlich die Saison beginnen, mit dem Grossen Preis von Österreich. Einen Frankreich-GP werden wir 2020 hingegen nicht erleben. Was Le-Mans-Sieger Yannick Dalmas dazu sagt.

Es gibt nur wenige Rennfahrer, die den Circuit Paul Ricard bei Le Castellet besser kennen als Yannick Dalmas. Der 58jährige Franzose stammt aus dem nahen Le Beausset. Auch dem früheren Formel-1-Piloten und vierfachen Le-Mans-Sieger hat das Herz geblutet, als die Entscheidung gefallen war – der Frankreich-GP (ursprünglich geplant auf 28. Juni) wird nicht verschoben, er wird gleich ganz abgesagt. Der Termin Ende Juni war primär deshalb nicht haltbar, weil Frankreich bis Mitte Juli alle Grossveranstaltungen untersagt hat.

Dalmas – 1987 bis 1989 sowie 1994 bei Larrousse, dazu 1989/1990 bei AGS in der Formel 1 – sagt meinem Kollegen Jean-Michel Desnoues von AUTOhebdo: «Als ich von den ganzen Einschränkungen der Regierung erfuhr, war mir schon klar, dass die Durchführung eines Grand Prix mindestens kompliziert werden würde. Ich war nicht besonders optimistisch. Natürlich bin auch ich jetzt enttäuscht, dass der WM-Lauf nicht stattfinden wird. Aber ist ein Geisterrennen befriedigend? Ich bin mir da nicht so sicher. Kommen die Fans zuhause vor den Fernsehern da wirklich auf ihre Kosten? Ohne die Leidenschaft der Fans auf den Tribünen zu spüren, also ich weiss nicht. Die Besucher sind doch auch Teil der Show.»

Die Corona-Pandemie setzt die Wirtschaft weltweit unter Druck, natürlich auch den Autorennsport. Der Südfranzose Dalmas findet: «Ich hoffe, diese Krise führt zu einem Umdenken, zu einem weniger kostspieligen Gerüst. Der Motorsport fesselt noch immer die Massen, jene, die diesen Sport lieben, werden ihn auch weiter unterstützen. Aber wir müssen dringend über nachhaltigere Lösungen nachdenken.»

«Schon vor Corona war die Formel 1 doch nicht mehr gesund. Als ich fuhr, da hatten wir 26 Wagen am Start, wir hatten Ende der 80er Jahre eine Vorqualifikation, weil fast vierzig Fahrzeug ins Wochenende gingen. Dass wir heute 20 Autos im Feld haben, grenzt schon an ein Wunder. Jetzt wäre doch der Moment gekommen, den kleineren Rennställen die Hand zu reichen.»

«Im Sportwagensport kenne ich mich etwas besser aus. Da hatten wir die Situation, dass verschiedene Werke engagiert waren, aber dann ist ein Hersteller nach dem anderen gegangen. Am Ende blieb nur Toyota übrig. Wäre das nicht der richtige Moment für Autowerke, ihre Rennwagen Privat-Teams zur Verfügung zu stellen? Immerhin geht das kommende Reglement in die richtige Richtung, dass der Sport erschwinglicher wird.»

«Man muss jetzt schleunigst darüber nachdenken, die Lage analysieren und stärker daraus hervorgehen. Der Sport muss zugänglicher werden, auf jeder Stufe. Und man muss die Piloten ins Zentrum der Debatte bringen.»

«Ich glaube, Top-Teams werden sich letztlich immer durchsetzen, weil sie auf umfangreichere Ressourcen zugreifen können. Ich bin auch für technischen Einfallsreichtum. Aber neue Errungenschaften dürfen nicht dazu führen, dass die Qualität der Rennen abnimmt. Zu dieser Erkenntnis ist die Formel-1-Führung schon vor der Corona-Krise gekommen, ich hoffe, entsprechende Massnahmen werden jetzt beschleunigt.»

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