Vor 25 Jahren: Wie Lola in der Formel 1 versagte
Die Rennwagenmarke Lola ist legendär. Ende der 1950er-Jahre war sie von Eric Broadley gegründet worden, Inspiration dabei war eine Frau. «Whatever Lola wants Lola gets» sang Gwen Verdon im Muscial «Damn Yankees» von 1955, was immer die Lola will, das bekommt sie auch.
Broadley baute zunächst Formel Junior-Rennwagen, schon 1962 entstand der erste GP-Renner. Motorrad-Star John Surtees erreichte damit in der Formel 1 eine Pole-Position und zwei zweite Ränge. 35 Jahre und unzählige Rennfahrzeuge später führte das letzte GP-Abenteuer von Lola den tapferen Broadley in den Ruin – er verkaufte den Rennstall an den irischen Unternehmer Martin Birrane.
Das verhängnisvolle GP-Projekt 1997 gründete auf einem Vierjahresvertrag zwischen Lola und dem Kreditkarten-Unternehmen Mastercard; allerdings nicht über klassisches Sponsoring, sondern einer Abwandlung des so genannten «crowd funding». Will heissen: Die 10 Millionen US-Dollar für die Saison 1997 (etwa ein Viertel des gesamten Budgets) sollten durch die Kunden aufgebracht werden, über den Mastercard Formula One Club.
Für Beiträge zwischen 79 und 2999 Dollar wurden Fotos, Team-Bekleidung und Vieles mehr angeboten. Die Rechnung von Mastercard: Bei 30 Millionen verschickten Werbebroschüren sollten 0,3 Prozent aller Angeschriebenen anbeissen, dann würde das Konzept aufgehen.
Die Realität sah anders aus: Mickriger Geldfluss ans Team, zu wenig Entwicklung, noch vor dem Saisonstart hatte das Formel-1-Team Lola bereits sechs Millionen Pfund Schulden.
Eric Broadley hatte zunächst die Saison 1998 als Debüt im Visier, aber seitens Mastercard bestand der Wunsch, alles um zwölf Monate vorzuziehen, weil 1997 auch Jackie Stewart mit seinem neuen Team und Sponsor HSBC an den Start ging.
Ergebnis: Lola hatte knapp drei Monate Zeit, ein Auto auf die Räder zu stellen! Aus Zeitmangel gab es keine Windkanaltests. Als Lola mit der Konstruktion des T97/30 begann, hatte Stewart seinen Renner schon auf der Testbahn.
Eine Funktionsprobe in Santa Pod und Tests in Silverstone war von Getriebeproblemen geprägt. Angeblich wurde nicht mal ein Dutzend Runden gedreht, dann musste der von Chris Murphy und Duncan McRobbie entworfene Wagen Richtung Australien transportiert werden.
Der Flop war programmiert: Bis zur letzten Minute vor dem ersten freien Training arbeiteten die Mechaniker an den Autos des Brasilianers Ricardo Rosset und des Italieners Vincenzo Sospiri. Die Balance des Autos war eine Katastrophe. Rosset lag neun Sekunden hinter der Bestzeit von Jacques Villeneuve im Williams.
Ohne Basisabstimmung aufgrund von Tests war die Arbeit freie Improvisation statt fundierter Methodik. Der Abstand auf die Spitze war peinlich: Beide Lola schieden aufgrund der 107-Prozent-Regel aus – wonach die schnellste Zeit eines Autos nicht mehr als 107% über der Zeit des Pole-Mannes liegen darf. Villeneuve fuhr Pole-Position mit 1:29,369 min, das ergab eine 107%-Zeit von 1:35,625, Sospiri fuhr 1:40,972, Rosset 1:42,086.
Broadley konstruierte in aller Eile eine neue Radaufhängung und andere Seitenkästen. Er forderte von Mastercard mehr Geld, aber das kam nicht. Daraufhin zog Broadley das Team aus der WM zurück. Das Material war nach Interlagos (Brasilien) transportiert worden, aber die Autos kamen nie auf die Bahn.
Von 1958 bis 2012 entstanden bei Lola mehr als 5000 Rennfahrzeuge, jahrelang dominierte Lola im IndyCar-Sport oder in den Formeln 3000 (Vorläufer der heutigen Formel 2) und 5000, in Europa und in Nordamerika zugleich.
Vincenzo Sospiri, Formel-3000-Meister von 1995 (Vorläufer der heutigen Formel 2), wurde 1998 und 1999 Gewinner des Sports Racing World Cup mit Ferrari und Emmanuel Collard. Der grosse Michael Schumacher hat einmal gesagt: «Im Kartsport hatte ich zwei Vorbilder – Ayrton Senna und Vincenzo Sospiri.» Nach seiner Rennkarriere betreute Sospiri junge Rennfahrer, bevor er den Rennstall «Vincenzo Sospiri Racing» gründete – VSR holte im GT- und Monoposto-Sport in den vergangenen zehn Jahren 21 Titel.
Ricardo Rosset, der 1996 mit Footwork im GP-Sport debütiert hatte, fuhr 1998 für Tyrrell in der Formel 1, holte aber nie auch nur einen WM-Punkt. Nach seiner GP-Karriere gewann er in Brasilien drei Mal den Porsche-Cup. Er gründete eine Firma für Sportbekleidung, wurde Selfmade-Millionär und lebt heute in Miami.