Senna gegen Schumacher: Das verlorene Duell

Von Mathias Brunner
​Buchautor Peter Higham hat sich ein grosses Ziel gesetzt: Er will alle Rennwagen und ihre Fahrer beschreiben, seit dem ersten Formel-1-WM-Lauf in Silverstone 1950. Nun ist sein Band über die 1990er Jahre da.

Die Formel 1 feierte 2020 Geburtstag. Passend dazu und einer weltweiten Pandemie die Stirn bietend fand in Silverstone sogar ein Geburtstags-GP statt. Dem Engländer Peter Higham erging es wie Millionen von Menschen: Er sass während des Rennens zuhause – und er arbeitete nach dem WM-Lauf weiter an seinem Lebenswerk «Formula 1 car by car», an seiner lückenlosen Dokumentation zu jedem Fahrzeug und Rennfahrer, die in der reichen Historie der Königsklasse auf die Bahn gegangen sind.

Aus Zuschriften an die Redaktion von SPEEDWEEK.com merken wir fast jeden Tag: Viele Formel-1-Fans sind von der Geschichte des grössten Sportspektakels der Welt fasziniert. Dabei haben sich die Bücher von Higham als unverzichtbare Referenz erwiesen – und das gilt auch für den jüngsten Band über die dramatischen 1990er Jahre.

Erfolg kommt in der Formel 1 meist in Wellenbewegungen: Die Dekade begann mit der ausklingenden Überlegenheit von McLaren, die Mitte der 1980er Jahre begonnen hatte, mit WM-Titeln für Ayrton Senna 1990 und 1991, aber schon da deutete sich an – die Williams-Maschine war nun so richtig in Gang gekommen.

Der Traditionsrennstall von Sir Frank Williams holte die Titel 1992 (Nigel Mansell) und 1993 (Alain Prost). Wir werden nie erfahren, was der grosse Ayrton Senna bei Williams noch alles geleistet hätte – er verlor am schwarzen Imola-Wochenende 1994 sein Leben, wie einen Tag zuvor der Österreicher Roland Ratzenberger.

Ich bin noch heute überzeugt: Senna hätte 1994 den Anfangs bockigen Williams gezähmt, und hätte die Erfolgsserie der Briten fortgesetzt. Und, bei all meinem Respekt vor dem Talent von Damon Hill und Jacquees Villeneuve: Wenn der Engländer und der Kanadier alles geben mussten, um Michael Schumacher am Titel zu hindern, dann hätte das Senna alleweil geschafft. Angesichts der Konkurrenfähigkeit der Williams-Renner wären für den grossen Brasilianer die Titel 1994 bis 1997 durchaus möglich gewesen. Dann wäre er als siebenfacher Champion entweder in Rente gegangen oder wäre den Lockrufen von Ferrari erlegen.

So aber holte Michael Schumacher die Titel 1994 und 1995 für Benetton, danach seilte er sich zu Ferrari ab, um jahrelange Aufbauarbeit zu leisten. Hill holte den Titel für Williams 1996, Villeneuve – nach dem dramatischen Finale in Jerez gegen Schumi – war 1997 an der Reihe. Es folgten zwei Titel von Mika Häkkinen im McLaren-Mercedes (1998 und 1999).

Der überaus informativ und flott geschriebene Text von Peter Higham alleine schon ist ein Leckerbissen. Ein Hammer sind auch die Fotos dazu, viele davon bislang unveröffentlicht. Die meisten Bilder stammen aus dem Archiv von SPEEDWEEK.com-Fotopartner LAT, einem Fundus von rund zwölf Millionen Aufnahmen.

Wie in den anderen Bänden beschreibt Peter Higham kurz die Saison mit den wichtigsten Punkten, um dann Team für Team durchzugehen. Wir erfahren viel Wissenswertes und auch Neues über die grossen Werksrennställe, aber fast noch interessanter sind die zahllosen Details, die zu wenig bekannten Marken ausgegraben wurden und zu Piloten, die zum Glück nicht vergessen sind. Denn auch die Hinterbänkler werden von Higham nicht vergessen.

Zahlen und Fakten der Formel-1-WM sind grundsätzlich reich dokumentiert. Aber noch nie hat ein Autor so lückenlos die Geschichten dahinter enthüllt. Wir können «Formula 1 car by car» weiterhin wärmstens empfehlen, die Ausgabe 1990–99 hält mühelos das hohe Niveau seiner Vorgänger. Aus dieser fabelhaften Buchreihe sind zuvor erschienen: 1950–59, 1960–69, 1970–79 und 1980–89.

Das Wichtigste in Kürze

Peter Higham: Formula 1 car by car 1990–99
Von EVRO Publishing
ISBN: 978-1-910505-62-5
304 Seiten, 550 Fotos
Format 24,2 x 28,5 cm
Text in englischer Sprache
Für rund 48 Euro im Fachhandel oder direkt bei evropublishing.com

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