Formel 1: Carlos Sainz zurück zu Ferrari?

Barcelona: Was Sie zu erstem Wintertest wissen müssen

Von Mathias Brunner
​Vor dem ersten Wintertesttag auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya: Wir haben nur neun Autos auf der Bahn, weil Williams in Verzug ist. Drei Rennställe lassen pro Tag zwei Fahrer ans Lenkrad.

Der kraftvollste Eindruck vor dem ersten Wintertesttag auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya: Die Fans werden nur neun Rennwagen zu sehen bekommen, denn Williams hat bestätigt – sie sind für den Einsatz am Montag nicht bereit. Teamchefin Claire Williams: «Wir hatten einen unglaublich arbeitsreichen Winter in Grove, um den FW42 fertig zu bekommen. Und obwohl jeder sein Bestes gegeben hat, brauchen wir noch ein wenig Zeit. Die absolute Priorität hat es, das bestmögliche Auto auf die Strecke zu bringen. Manchmal kann das länger dauern als man denkt. Das ist nicht ideal, aber es ist auch nicht das Ende der Welt.» Williams hat nicht kommentiert, ob die Verzögerung durch Probleme mit Lieferanten zustandegekommen ist.

Zweiter Eindruck: Das Modell von Mercedes macht Schule, die Arbeitslast pro Tag auf beide Fahrer zu verteilen. Teamchef Toto Wolff: «Wir erhalten dadurch mehr Fahreindrücke und die Piloten bleiben frischer.» Die Dauer-Weltmeister von Mercedes lassen also Valtteri Bottas (der am Montag anfängt) und dann Lewis Hamilton ran, nach dem gleichen Prinzip geht Renault mit Nico Hülkenberg und Daniel Ricciardo vor, und sobald ein Williams die Rennstrecke findet, wird auch der englische Traditionsrennstall so verfahren. Haas teilt lediglich den Mittwoch und Donnerstag auf, um Testfahrer Pietro Fittipaldi zwei halbe Tage zu ermöglichen.

Fans und Fachleute fiebern dem ersten Kräftemessen mit Spannung entgegen. Eine der Kernfragen: Kann sich Red Bull Racing-Honda in den WM-Kampf von Mercedes und Ferrari einmischen? Die RBR-Gegner wissen genau: Sebastian Vettel hatte von 2010 bis 2013 mit dem Renault bestimmt nicht den kraftvollsten Motor im Heck. Aber dennoch haben er und Red Bull Racing vier Titel in Folge geholt. Weil das Chassis Schwächen des Motors kaschieren konnte. Die Rechnung von Max Verstappen ist einfach: Wenn es Honda schafft, einen mindestens so guten Motor zu bauen wie Renault, dann sollte RBR regelmässiger um Siege mitreden können. «Vielleicht wird am Anfang nicht alles perfekt laufen», sagt der fünffache GP-Sieger aus den Niederlanden. «Aber ich glaube fest an Honda.»

Seit Tagen stehen im Fahrerlager des Circuit de Barcelona-Catalunya so viele Rennlaster, als würde ein Grand Prix stattfinden. Einige sind etwas früher gekommen, um ihren Filmtag zu absolvieren – wie Haas, Renault und Ferrari. Auch Toro Rosso war schon unterwegs (in Misano), Red Bull Racing oder Mercedes-Benz führten einen Funktionstest in Silverstone durch.

Häufig gestellte Frage: Wieso testen die Rennställe eigentlich ausgerechnet auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya so oft? Antwort: Weil Bahrain und Abu Dhabi zu weit weg sind, ein Test in Arabien zu viel kostet (wie die Rennställe schmerzlich lernen mussten), weil die Jerez-Strecke ein Chassis nicht so auf die Probe stellt wie Barcelona, weil Valencia ein Mickymauskurs ist und weil Navarra keine Vergleichsdaten erlaubt.

In Barcelona wird hingegen nicht gefahren, weil es hier immer so schön warm ist. Das ist leider ein Mythos. Wir haben schon Testmorgen erlebt, da haben wir Eis von der Scheibe des Mietwagens gekratzt. Bei einer Pistentemperatur im einstelligen Gradbereich lässt sich nicht viel über das Verhalten der Reifen lernen. Zum Glück ist Petrus in diesem Jahr gnädig: Wir erwarten Spitzentemperaturen von rund 15 Grad. Zur Erinnerung: Vor einem Jahr hat es geschneit …

Barcelona ist unter den Technikern auch so beliebt, weil sie tonnenweise Daten aus Renn- und Testbetrieb haben. Das erleichtert die Arbeit mit den neuen Boliden.

Zu tun gibt es reichlich: Die Rennställe lernen ab Montag ihre Autos übers Roll-out hinaus kennen. Zudem müssen sie mit den neuen Pirelli-Mischungen Erfahrungen sammeln. Dazu ist Barcelona einfach ideal – schnelle, langgezogene Bögen wie Kurve 3, enge Ecken, Kurven mit verschiedenen Radien, mittelschnelle Kurven, dazu eine lange Gerade, flotte Richtungswechsel, alles da.

Was Fans auch oft fragen: Wo wir doch Tests haben, wieso stehen die Teams dann den halben Tag in der Box herum? Und dies auch noch hinter diesen doofen spanischen Wänden!

Antwort: Leider verbietet die FIA nur an GP-Wochenenden die Benutzung des Sichtschutzes. Sobald bei den Tests ein Auto von der Bahn zurückkommt, rollen die Mechaniker spanische Wände herbei, als ginge es um ihr Leben. Statt sich den Fans zu öffnen, zieht sich die Formel 1 zurück. So weit zur Fan-Nähe, die Formel-1-Grossaktionär Liberty Media immer predigt.

Dabei wäre das Interesse der Fans gewaltig. Doch die Rennställe verfallen in Geheimniskrämerei in einer Intensität, welche die Frage aufdrängt: Gibt es dafür neuerdings WM-Punkte? Angeblich unter dem Vorwand, man wolle den Gegnern nichts herzeigen. Pardon, das ist Blödsinn: Sobald Autos auf die Bahn gehen, werden Dutzende Fotografen munter. Nicht wenige von ihnen verdienen sich ein stattliches Zubrot, indem sie einem Rennstall nachher Fotos mailen. Zudem: Nur weil, als Beispiel, Ferrari eine besonders clevere Fahrzeugnase gebaut hat, muss es nicht gesagt sein, dass die an einem Red Bull Racing ebenfalls funktionieren würde.

Und wieso stehen die Autos immer so lange in der Box? Aerodynamiker werden die Renner gespickt mit Sensoren und Messgittern auf die Bahn senden. Das bindet Zeit zum Anbringen und Demontieren. Wenn der Pilot dann mit gleichmässiger Geschwindigkeit fährt, bretzelt das keinen Fan vom Tribünensitz, ist aber für die Erkenntnisse des Teams elementar.

Die Fahrer feilen parallel dazu an ihrem Arbeitsplatz: Sitzposition, Stellung des Lenkrads, Bremspedalposition. Auch das bindet Zeit.

Die Teams versuchen in nur acht Tagen Wintertests vor der Saison so viele Daten als möglich zu sammeln: Viel Sprit an Bord, halbvoller Tank, Quali-Trimm, dazu alle erdenklichen Reifenmischungen, es wird mit Radsturz gespielt und mit dem Reifendruck, mit der Bodenfreiheit, mit unterschiedlichen Anstellwinkeln der Flügel. Es gibt fast unendlich viele Einstellmöglichkeiten.

Damit sind die Tageszeiten stets mit Vorsicht zu geniessen: Die schnellsten Zeiten der einzelnen Autos wurden selten zur gleichen Zeit und in gleicher Fahrzeugausführung erzielt. Also Vorsicht, wenn Sie ab Montag die Zeitenliste lesen.

Dennoch werden wir hoffentlich einen Vorgeschmack auf Antworten der heissesten Fragen erhalten: Wie sieht es im Kräftemessen der Top-Teams Mercedes, Ferrari und Red Bull Racing aus? Kommt McLaren endlich in die Hufe? Wie sieht es im heiss umkämpften Mittelfeld zwischen Racing Point, Alfa Romeo (Sauber), Toro Rosso und Haas aus? Kann sich Williams vom Schluss des Feldes freisprengen? Erfüllt Renault den eigenen Anspruch, den Top-Teams auf die Nerven gehen zu wollen?

Wir werden in den kommenden Tagen nicht alle Antworten erhalten, aber wertvolle Anhaltspunkte und erste Trends.

Am 18. Februar beginnen folgende Fahrer:
Kimi Räikkönen (FIN), Alfa Romeo-Sauber C38*-Ferrari
Sebastian Vettel (D), Ferrari SF90
Romain Grosjean (F), Haas VF-19-Ferrari
Carlos Sainz (E), McLaren MCL34-Renault
Valtteri Bottas (FIN), Mercedes-Benz W10 EQ Power+
Sergio Pérez (MEX), Racing Point RP19-Mercedes
Max Verstappen (NL), Red Bull Racing RB15-Honda
Nico Hülkenberg (D), Renault R.S.19
Daniil Kvyat (RU), Toro Rosso STR14-Honda

Einsatzplan bei den ersten Wintertests

Ferrari
18./20. Februar: Sebastian Vettel (D)
19./21. Februar: Charles Leclerc (MC)

Red Bull Racing
18./20. Februar: Max Verstappen (NL)
19./21. Februar: Pierre Gasly (F)

Toro Rosso
18./20. Februar: Daniil Kvyat (RU)
19./21. Februar: Alex Albon (GB)

Haas
18. Februar: Romain Grosjean (F)
19. Februar: Kevin Magnussen (DK)
20. Februar: Romain Grosjean, dann Pietro Fittipaldi (BR)
21. Februar: Pietro Fittipaldi, dann Kevin Magnussen

McLaren
18./20. Februar: Carlos Sainz (E)
19./21. Februar: Lando Norris (GB)

Racing Point
18./20. Februar: Sergio Pérez (MEX)
19./21. Februar: Lance Stroll (CDN)

Mercedes-Benz
18. Februar: Valtteri Bottas (FIN) Morgen, Lewis Hamilton (GB) Nachmittag
19. Februar: Lewis Hamilton (Morgen), Valtteri Bottas (Nachmittag)
20. Februar: Valtteri Bottas (Morgen), Lewis Hamilton (Nachmittag)
21. Februar: Lewis Hamilton (Morgen), Valtteri Bottas (Nachmittag)

Renault
18. Februar: Nico Hülkenberg (D) Morgen, Daniel Ricciardo (AUS) Nachmittag
19. Februar: Daniel Ricciardo (Morgen), Nico Hülkenberg (Nachmittag)
20. Februar: Nico Hülkenberg (Morgen), Daniel Ricciardo (Nachmittag)
21. Februar: Daniel Ricciardo (Morgen), Nico Hülkenberg (Nachmittag)

Alfa Romeo-Sauber
18. Februar: Kimi Räikkönen (FIN)
19. Februar: Antonio Giovinazzi (I)
20. Februar: Kimi Räikkönen
21. Februar: Antonio Giovinazzi

Williams
18. Februar: kein Einsatz
19. Februar: Robert Kubica (PL) Morgen, George Russell (GB) Nachmittag
Das weitere Programm ist noch unbestätigt

Formel 1 2019

Wintertestfahrten
18. bis 21. Februar: Wintertest 1, Barcelona
26. Februar bis 1. März: Wintertest 2, Barcelona

Saison 2019
17. März: Australien, Melbourne
31. März: Bahrain, Sakhir
14. April: China, Shanghai
28. April: Aserbaidschan, Baku
12. Mai: Spanien, Barcelona
26. Mai: Monaco, Monte Carlo
9. Juni: Kanada, Montreal
23. Juni: Frankreich, Le Castellet
30. Juni: Österreich, Spielberg
14. Juli: Grossbritannien, Silverstone
28. Juli: Deutschland, Hockenheim
4. August: Ungarn, Budapest
1. September: Belgien, Francorchamps
8. September: Italien, Monza
22. September: Singapur, Singapur
29. September: Russland, Sotschi
13. Oktober: Japan, Suzuka
27. Oktober: Mexiko, Mexiko-Stadt
3. November: USA, Austin
17. November: Brasilien, São Paulo
1. Dezember: Abu Dhabi, Yas Marina

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